Kein Zwang zum Heimwechsel aufgrund Behinderung

13. Juli 2022

Celle/Berlin (DAV). Behinderte Pflegeheimbewohner müssen nicht gegen ihren Willen in eine Einrichtung für Menschen mit Behinderung wechseln. Eigenverantwortung und Selbstbestimmung behinderter Menschen ist gegenüber vermeintlich besseren Hilfsangeboten vorrangig.

Die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 3. Mai 2021 (AZ: L 8 SO 47/21 B ER).

Der 52-jährige schwerbehinderte und pflegebedürftige Mann lebt seit Februar 2019 in einem Pflegeheim. Die nicht durch sein Einkommen gedeckten Heimkosten übernahm das Sozialamt. Dieses informierte den Mann im Oktober 2020, dass eine Betreuung in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung bei seinen Einschränkungen geeigneter sei. Die Übernahme der Kosten des bisherigen Pflegeheims stellte das Sozialamt ein. Er solle stattdessen einen Antrag bei dem für Eingliederungshilfe zuständigen Landschaftsverband stellen.

Der Mann wollte aber nicht wechseln, da er sich in der bisherigen Einrichtung gut versorgt fühlte. Er befürchtete, dass die erforderliche pflegerische Versorgung in einer anderen Einrichtung nicht ausreichend gewährleistet sei. Auch könne sich seine angegriffene Psyche verschlechtern. Aus Überforderung habe er schon mehrfach Essen und Untersuchungen verweigert. Wegen des hohen Pflegebedarfs hätten Behinderteneinrichtungen ihn abgelehnt. Er brauche die Unterstützung des Sozialamts, da andernfalls die Kündigung des Pflegeheimplatzes drohe.

Das Landessozialgericht verpflichtete das Sozialamt zur weiteren Übernahme der ungedeckten Heimkosten.

Für das Recht auf Eingliederungshilfe sei die Wahrung von Menschenwürde und Selbstbestimmung von wesentlicher Bedeutung. Daher müsse die freie Entscheidung behinderter Menschen bei der Inanspruchnahme von Leistungen der Eingliederungshilfe geachtet und respektiert werden. Autonomie, Eigenverantwortung und Selbstbestimmung behinderter Menschen hätten gegenüber vermeintlich besseren Hilfsangeboten Vorrang. Da Pflegebedarf des Mannes könne in dem derzeitigen Heim gedeckt werden. Daher habe er weiterhin Anspruch auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten. Mit der Verweigerung der bisherigen Unterstützung habe das Sozialamt unzulässig Druck ausgeübt.

Quelle und Informationen: www.anwaltauskunft.de

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