In den sozialen Medien geistert seit kurzem eine Meldung durch den digitalen Blätterwald, wonach Schüler, die Geld für eine Schülerfahrkarte erhalten, die Differenz zwischen € 9,00 und dem regulären Preis an das Jobcenter bzw. den Sozialhilfeträger zu erstatten haben.
Als Rechtsgrundlage einer solchen Erstattungsforderung wird hier § 29 Abs. 5 SGB II genannt (so angeblich das zuständige Ministerium in Baden-Württemberg).
Gemäß § 29 Abs. 5 SGB II kann im Einzelfall der Nachweis für eine zweckentsprechende Verwendung von Leistungen für Bildung und Teilhabe verlangt werden. § 29 Abs. 5 SGB II ist jedoch keine geeignete Rechtsgrundlage für die Geltendmachung einer Forderung. Nach § 29 Abs. 5 Satz 2 SGB II soll, wenn der Nachweis über die zweckentsprechende Verwendung des Geldes nicht erbracht wird, die Verwaltungsentscheidung widerrufen werden. Hier ist allerdings zu beachten, dass die Schüler ja das Geld ausgegeben haben, um die Fahrkarte zu bezahlen. Insofern dürfte von einer zweckwidrigen Verwendung wohl kaum die Rede sein.
Weiterhin ist zu beachten, dass die Regelungen des § 29 Abs. 5 Satz 2 SGB II modifiziert werden durch § 47 SGB X, wo ausgeführt wird, ob und unter welchen Bedingungen ein rechtmäßiger, begünstigender Verwaltungsakt widerrufen werden kann. Auch hier kann der Verwaltungsakt widerrufen werden, wenn das Geld nicht für den im Verwaltungsakt genannten Zweck verwendet wird. Das Geld wurde für den Kauf der Fahrkarte verwendet. Insofern dürfte eine Aufhebung in diesem Fall nicht möglich sein.
Eine weitere wichtige Rechtsfolge für die Aufhebung des Bewilligungsbescheides gibt es nicht, sodass nach diesseitiger Auffassung eine Rückforderung nicht möglich ist (s. a. Lenze in LPK SGB II § 29 Rnr. 25; Leopold in juris PK SGB II 2015 § 29 Rnr. 107; Thommes in Gagel 2012 § 29 Rnr. 22). Insofern ist allen Betroffenen zu empfehlen nicht zu leisten, nichts zu unterschreiben und eine qualifizierte Beratung in Anspruch zu nehmen.
Quelle: Anton Hillebrand, Sozialberatung Ruhr e. V.