Kommentierte Gerichtsentscheidungen – Teil 9

9. April 2019

Sozialgericht Hildesheim, Urteil vom 22. Februar 2019 (Az.: S 42 AY 3/18). Wenn das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einen Asylantrag zu Unrecht als unzulässig abgelehnt hat, und es deshalb für die Abschiebung von Deutschland nach Italien an einem Rechtsgrund fehlte, dann war die Wiedereinreise in das Bundesgebiet nicht rechtsmissbräuchlich oder vom prägenden und bestimmenden Willen getragen, hier Leistungen nach dem AsylbLG zu erlangen. § 1a Abs. 1 AsylbLG gelangt deshalb nicht zur Anwendung.

LSG Bayern, Beschluss vom 28. Januar 2019 (Az.: L 18 SO 320/18.B.ER):

Zur Übernahme der Kosten eines Hausgebärdensprachkurses im Umfang von vier Stunden wöchentlich bei einem von Geburt an beidseitig hörbehinderten Kind (Grad der Behinderung: 80; Zuerkennung der Merkzeichen „G“, „B“ und „RF“) entsprechend den §§ 53 ff. SGB XII in Verbindung mit § 16 Nr. 2 EingliederungshilfeVO. Für die Geltendmachung eines solchen Anspruchs reicht es aus, wenn die gute Möglichkeit besteht, dass mit diesem Hausgebärdensprachkurs die Aufgabe der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen erfüllt wird, d. h. dieser Kurs geeignet und erforderlich ist, die Fähigkeit des Antragstellers, an der Gesellschaft teilzuhaben, maßgeblich zu verbessern. Dies gilt gerade dann, wenn der Eintritt von schweren Beeinträchtigungen bei einer Nichtgewährung dieser Leistung beim Antragsteller wahrscheinlich ist.

Sozialgericht Braunschweig, Beschluss vom 21. März 2019 (Az.. S 10 AS 75/19.ER):

Für das Bestehen geänderter persönlicher Verhältnisse (hier: keine weitere Erwerbsfähigkeit nach den §§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 8 Abs. 1 SGB II) ist stets der SGB II-Träger beweispflichtig. Erwerbsfähig ist, wer nicht als voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI aufgefasst zu werden hat. Unter „auf nicht absehbare Zeit“ im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II wird in der gesetzlichen Rentenversicherung ein Zeitraum von mindestens sechs Monaten verstanden.

Wenn aus vom Jobcenter in Auftrag gegebenen ärztlichen Gutachten nicht hervorgeht, unter welchen Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparats und welchen Funktionsbeeinträchtigungen ein Antragsteller in welcher Ausprägung leidet, dann ist es in keiner Weise erwiesen, dass der Alg II-Empfänger nicht in der Lage sein soll, auf Dauer weniger als drei Stunden erwerbstätig zu sein.

Quelle: Dr. Manfred Hammel

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