Körperverletzung durch Zähne ziehen?

8. November 2022

Karlsruhe/Berlin (DAV). Zieht ein Zahnarzt einem Patienten mehrere Zähne, ohne dass ein medizinischer Grund vorliegt, liegt eine Körperverletzung vor. Da er „gefährliche Werkzeuge“ benutzt, liegt sogar eine „gefährliche“ Körperverletzung vor. Zahnärztliche Instrumente sind gefährliche Werkzeuge im Sinne des Strafrechts.

Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. März 2022 (AZ: 1 Ws 47/22).

Im Zeitraum von 2010 bis 2014 zog ein Zahnarzt in 33 Fällen seinen Patientinnen und Patienten Zähne, obwohl es Behandlungsalternativen gegeben hätte. Die Patienten ließen sich nur darauf ein, weil der Zahnarzt die Extraktion bestimmter Zähne als zwingend notwendig empfahl. Wären sie über alternative Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt worden, hätten sie den Zahnerhalt bevorzugt.

Der Zahnarzt wurde wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt, da er „gefährliche Werkzeuge“ benutzte. Die Abgrenzung, ob ein ärztliches oder zahnärztliches Instrument ein gefährliches Werkzeug sei, erfolge nicht mehr danach, ob es gleich einer Waffe zu Angriffs- oder Verteidigungszwecken eingesetzt werde. Es sei vielmehr danach zu fragen, ob der Gegenstand aufgrund seiner objektiven Beschaffenheit und die Verwendung im konkreten Fall dazu geeignet ist, den Opfern erhebliche Verletzungen beizubringen.

Das Gericht entschied, dass dies bei zahnärztlichen Instrumenten der Fall sei. Daran ändere auch eine örtliche Betäubung nichts, wodurch die Betroffenen keine Schmerzen hätten. Die Zahnarztinstrumente würden aber zu einem unwiederbringlichen Verlust eines Teils des Gebisses beitragen, ebenso zu einer offenen Wunde im Mundraum. „Derartige Eingriffe sind nach Abklingen der lokalen Narkose regelmäßig mit nicht unerheblichen Schmerzen, Beschwerden bei der Nahrungsaufnahme und der Gefahr von Entzündungen verbunden,“ erläutert das Gericht. Daher liege eine gefährliche Körperverletzung durch gefährliche Werkzeuge vor.

Quelle und Informationen: www.dav-medizinrecht.de

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