Trinkgeld kann sich bei der Berechnung des ALG-II-Anspruchs nur dann leistungsmindernd auswirken, wenn es zehn Prozent des Regelbedarfs (derzeit 44,90 Euro bei einem monatlichen Regelsatz in Höhe von 449 Euro) übersteigt.
Das hat der 7. Senat des Bundessozialgerichts am 13. Juli 2022 entschieden. Die als Servicekraft in der Gastronomie tätige Klägerin erhielt neben Erwerbseinkommen aus dieser Beschäftigung Trinkgeld in Höhe von 25 Euro monatlich. Das beklagte Jobcenter berücksichtigte dieses Trinkgeld als Erwerbseinkommen im Sinne des SGB II. Mit ihrem Begehren, das Trinkgeld bei der Berechnung von ALG II außen vor zu lassen, war die Klägerin vor Sozialgericht und Landessozialgericht erfolglos geblieben. Mit ihrer Revision zum BSG hatte die Klägerin Erfolg.
Anders als vom beklagten Jobcenter und den Fachgerichten in der ersten und zweiten Instanz angenommen, handelt es sich bei dem Trinkgeld nicht um Erwerbseinkommen. Das Trinkgeld ist vielmehr eine Zuwendung, die Dritte erbringen, ohne dass hierfür eine rechtliche oder sittliche Verpflichtung besteht. Hieraus folgt, dass es erst dann als Einkommen bei der Berechnung der Leistung zu berücksichtigen ist, wenn es die Lage der Leistungsberechtigten so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären (vgl. § 11a Abs. 5 SGB II). Dies war vorliegend bei Trinkgeld in Höhe von 25 Euro nicht der Fall.
BSG, Urteil vom 13.07.2022, B 7/14 AS 75/20 R
Quelle: Rechtsanwalt Helge Hildebrandt bei Sozialberatung Kiel