Immer wieder einmal erreichen mich Anfragen aus dem Bereich der Schuldnerberatung, ob erwartete Einmalzahlungen, etwa eine Abfindung, die grundsätzlich bedarfsmindernd auf den Bürgergeldanspruch anzurechnen wären (nicht der Fall bei Erbschaften, vgl. § 11a Abs. 1 Nr. 7 SGB II), zur Schuldtilgung eingesetzt werden können, ohne dass es in der Folge „Probleme mit dem Jobcenter“ gibt.
Grundsätzlich sind hier zwei Fallgestaltungen denkbar: Die Einmalzahlung fließt dem Bürgergeldbezieher – etwa durch Gutschrift auf seinem Konto – zu und er bezahlt damit anschließend seine Schulden. Hier gilt, dass der Bürgergeldbezieher die Einmalzahlung auch dann zur Sicherung seines Lebensunterhaltes einsetzen muss, wenn er dadurch im Gegenzug seinen zivilrechtlichen Verpflichtungen gegenüber seinen Gläubigern nicht nachkommen kann. Zahlt er dennoch noch im Zuflussmonat seine Gläubiger aus, hat er zwar weiterhin einen Bürgergeldanspruch in voller Höhe, weil nur tatsächliches und kein „fiktives“ Einkommen angerechnet werden kann.
Den Einsatz zur Schuldtilgung wertet das Bundessozialgericht indessen in ständiger Rechtsprechung als „sozialwidriges Verhalten“, das einen Ersatzanspruch nach § 34 SGB II auslöst. Fließt die Einmalzahlung indessen direkt an die Gläubiger, scheidet mangels Zuflusses „barer Mittel“ eine Anrechnung als Einkommen von vorneherein aus. Der Bürgergeldbezieher hätte aber dennoch sein Hilfebedürftigkeit sozialwidrig aufrechterhalten bzw. nicht verringert und muss deswegen auch in diesem Fall mit der Geltendmachung eines Ersatzanspruches nach § 34 SGB II rechnen.
Ein Schuldentilgung im Leistungsbezug mit Hilfe Dritter ist aber möglich, wenn ein Dritter – etwa Verwandte oder Freunde – für den Bürgergeldbezieher dessen Schulden ohne eine rechtliche Verpflichtung hierzu tilgen. Denn die Befreiung von Verbindlichkeiten ist kein Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 SGB II und die Schuldtilgung auch nicht „sozialwidrig“, weil der Bürgergeldbezieher keinen Anspruch auf die Hilfe hat und damit auch nicht auf eine Geldforderung verzichtet, mit welcher er seinen Lebensunterhalt hätte bestreiten können. Grundsätzlich möglich ist zudem die Gewährung eines Darlehens an einen Leistungsbezieher zur Schuldentilgung, weil Darlenen kein zu berücksichtigendes Einkommen darstellen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II).
BSG, Urteil vom 19.9.2008 – B 14/7b AS 10/07 R; BSG, Urteil vom 29.11.2012, Az. B 14 AS 33/12 R, Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 55/ 12 ER; BSG, Urteil vom 17.10.2013, Az. B 14 AS 38/12 R, BSG, Urteil vom 12.12.2013, Az. B 14 AS 76/12 R; LSG Baden-Württemberg, 26.07.2016 – L 12 AS 4273/14
Quelle: Rechtsanwalt Helge Hildebrandt bei Sozialberatung Kiel