Wer zahlt Gutachten zu Schwerbehinderung?

27. Januar 2020

München/Berlin (DAV). Manchmal ist es notwendig, seine rechtlichen Ansprüche mit Hilfe eines Gutachtens zu beweisen. Um einen Grad der Behinderung (GdB) nachzuweisen, kann der Betroffene die Einholung von Gutachten bei Gericht beantragen. Eigentlich muss das Sozialgericht selbst den Sachverhalt aufklären.

Kommt das Gericht dem nicht nach, sondern holt ein solches Gutachten ein, muss das die Landeskasse zahlen und nicht der Betroffene selbst. Voraussetzung ist allerdings, dass das Gutachten neue Erkenntnisse gebracht hat. Dies gilt auch dann, wenn der Kläger das Gutachten beantragt hatte, ohne zuvor den Abschluss der Ermittlung des Gerichts abzuwarten. Die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landessozialgerichts München vom 27. November 2018 (AZ: L 2 SB 109/17 B).

Bei dem Rechtsstreit ging es um Schwerbehindertenrecht. Der Kläger wollte einen höheren Grad der Behinderung (GdB) als 30 feststellen lassen. In der Klagebegründung bot er an, das Sachverständigengutachten für seine Behauptungen eingeholt werden können. Tatsächlich werden dann auch drei Gutachten eingeholt.

Der psychiatrische Gutachter stellte fest, dass ein GdB von 40 allein im psychiatrischen Bereich vorliege. Berücksichtige man auch die anderen Einschränkungen wie etwa Migräne und eine chronische Nebenhöhlenentzündung, liege ein Gesamt-GdB von 50 vor.

Das Gericht hörte in der Verhandlung noch einen weiteren Facharzt an, der zu einem Gesamt-GdB von 40 kam. Dies ergab sich neben den erwähnten Einschränkungen aus den seelischen Störungen, die der psychiatrische Gutachter festgestellt hatte.

Daraufhin schlossen die Parteien vor Gericht einen Vergleich. Sie einigten sich auf einen GdB von 40. Gleichzeitig entschied das Sozialgericht, dass die Kosten der Gutachten nicht von der Staatskasse übernommen würden. Die Richter begründeten dies damit, dass der Kläger den Antrag zu einem Zeitpunkt gestellt habe, als das Gericht überhaupt noch nicht in die Beweisaufnahme hätte eintreten können. Daher hätten auch noch keine Ermittlungen bis dahin stattgefunden.

Das Landessozialgericht änderte die Entscheidung. Da das neurologische und das orthopädische Gutachten keine neuen Erkenntnisse gebracht hätten, übernehme die Staatskasse die Kosten hierfür nicht. Das psychiatrische Gutachten habe aber neue wesentliche Anhaltspunkte für den Anspruch geliefert. Diese Ermittlungen hätte das Sozialgericht auch von Amts wegen selber durchführen müssen. Daher müsse die Landeskasse die Kosten des psychiatrischen Gutachtens bezahlen. Maßgebend sei, dass dieses die Sachaufklärung wesentlich gefördert habe. Es habe also neue Gesichtspunkte aufgezeigt, die für die Entscheidung erheblich waren. Im vorliegenden Fall habe das Gutachten der Sachaufklärung dadurch gedient, dass danach ein Vergleich geschlossen worden sei.

Information: www.dav-sozialrecht.de – Deutscher Anwaltverein

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