München/Berlin (DAV). Fährt ein Motorradfahrer um 25 Prozent zu schnell, tritt seine Betriebsgefahr nicht hinter das Verschulden des Pkw-Fahrers zurück. Dies führte bei einem Unfall, bei dem der Motorradfahrer erheblich verletzt wurde, zu einer Mithaftung von 20 Prozent.
Dies entschied das Oberlandesgericht München am 30. März 2022 (AZ: 10 U 6313/20), wie die Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.
Der Kläger fuhr mit seinem Motorrad auf der rechten von zwei Spuren. Vor einer Kreuzung wechselte er wegen vor ihm fahrender rechts blinkender Fahrzeuge auf die linke Spur. Die Beklagte kam entgegen und wendete an einer Einmündung. Dort kam es zur Kollision beider Fahrzeuge.
Der Kläger erlitt schwere Beinverletzungen. Er wurde zunächst für rund zwei Wochen stationär behandelt. Seine Nerven im rechten Bein wurden irreparabel geschädigt. Der Kläger trägt nun eine Schiene, die ihm beim Auftreten der Ferse einen Stromstoß versetzt, damit die Anhebung des Fußes gelingt und er gehen kann. Er ist auf die Schiene dauerhaft angewiesen. Mit ihr ist das Gangbild geringfügig beeinträchtigt, ohne die Schiene ist der Kläger allerdings nicht fähig, den rechten Fuß oder die Zehen zu heben.
Der Kläger verlangte in dem Verfahren Schmerzensgeld und Schadensersatz, die Beklagte hielt dagegen, dass der Mann zu 20 Prozent mithaften müsse. Zudem wurden vor dem Prozess auf das Schmerzensgeld bereits 16.000 Euro bezahlt.
Das Landgericht ging von einer alleinigen Haftung der Beklagten aus. Das Oberlandesgericht dagegen sah dies anders und entschied, dass der Motorradfahrer zu 20 Prozent aus der Betriebsgefahr mithafte. Da der Kläger erst seit 2,15 Sekunden überholte, als das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug anfuhr, habe sie ihn nicht erkennen können, so das Gutachten.
Zudem ermittelte der Sachverständige eine Geschwindigkeit des Motorrades von 63 km/h bis 84 km/h. Die zulässige Höchstgeschwindigkeit wurde damit um mehr als 25 Prozent überschritten. Deshalb trete die Betriebsgefahr des Motorrads nicht hinter den Verstoß der Fahrerin zurück.
Bei der Berechnung des Schmerzensgeldes berücksichtigte das Oberlandesgericht die Schwere der Verletzung, das Alter des Klägers zum Unfallzeitpunkt von erst 26 Jahren sowie die Verletzungsfolgen, insbesondere auch die zu erwartenden Spätfolgen der Auffassung. Daher stand dem Kläger ein Schmerzensgeld von 40.000 Euro zu.
Quelle und Information: www.verkehrsrecht.de