BSG zur Kostenübernahme eines Schul-Tablet/PC

1. November 2021

Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit der Auseinandersetzung mit Entscheidungen des Bundessozialgerichtes (BSG) möchte ich diesmal die für die Betroffenen zynische Rechtsprechung des 4. BSG-Senats als Gegensatzpaar mit der für die Betroffenen positiven Schulbuch-Rechtsprechung des 14. BSG-Senats behandeln, welche Letztere mittlerweile seine einfachgesetzliche Umsetzung in § 21 Absatz 6a SGB II gefunden hat.

Die Tablet-Entscheidung

Die Entscheidung BSG, Urteil vom 12. Mai 2021, Az.: B 4 AS 88/20 R kann verfassungsrechtlich keinen Bestand haben, weil sie Hilfebedürftige im Regen stehen läßt.

Während der 14. BSG-Senat in der Schulbuch-Entscheidung vom 8. Mai 2019 wegen „nicht zutreffend erfassten Bedarfs für Schulbücher, wenn keine Lernmittelfreiheit besteht“ [1] einen verfassungskonformen Anspruch aus § 21 Abs. 6 SGB II hergeleitet hat, welcher inzwischen vom Gesetzgeber in § 21 Abs. 6a SGB II umgesetzt wurde, wurde dieser Anspruch für Hilfebedürftige hinsichtlich von Schul-Tablets, Schul-PCs vom 4. BSG-Senat verweigert.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß bei der Verhandlung zur Schulbuch-Entscheidung am 8. Mai 2019, an der ich als Zuhörer teilgenommen hatte, der Vorsitzende Richter Becker immer wieder auch Schul-Tablets parallel nannte [2]. Eine Art Vorahnung?

Es liegen trotz der BSG-Entscheidung vom 12. Mai 2021 aber noch weitere Revisionen bezüglich Schul-Tablets vor, sind also trotz der Entscheidung vom 12. Mai 2021 nicht zurückgenommen worden. Es handelt sich um die Verfahren Az.: B 14 AS 95/20 R, B 4 AS 84/20 R, B 4 AS 4/21 R.

Interessant, insbesondere aus verfassungsrechtlicher Sicht, ist, daß der 14. BSG-Senat bei seiner Schulbuch-Entscheidung vom 8. Mai 2019 unter Hinweis auf die BVerfG-Entscheidung vom 9. Februar 2010 den Bundesgesetzgeber in der Pflicht gesehen hat, das Existenzminimum sicherzustellen, und der bemerkenswerte Satz hierzu lautet:

„Mögliche Konflikte zwischen Bund und Ländern hinsichtlich der Finanzierung der Schulbildung von Schülern, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erhalten, dürfen nach den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Vorgaben nicht auf dem Rücken der Schüler ausgetragen werden.“ [3]

Das genaue Gegenteil findet sich in der BSG-Entscheidung vom 12. Mai 2021:

„Sofern den Rechtsunterworfenen Kosten dadurch entstehen, dass die Länder sie ihnen zur Erfüllung der Schulpflicht auferlegen, ist nicht das Fürsorgewesen, sondern vorrangig der Bereich der Eingriffsverwaltung betroffen. Für den Bereich der Eingriffsverwaltung auf dem Gebiet des Schulrechts tragen aber die Länder die Gesetzgebungskompetenz (…).“ [4]

Quelle und vollständiger Artikel: Herbert Masslau


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