Arbeitslosengeld II nach Ausbildungsabbruch

21. Dezember 2018

Das LSG hat durch Urteil vom 11.10.2018 (L 7 AS 1331/17) zwei die Ersatzpflicht feststellende Bescheide sowie ein klageabweisendes Urteil des SG Gelsenkirchen aufgehoben. Der Kläger hatte eine außerbetriebliche Berufsausbildung aufgenommen. Er fehlte wiederholt unentschuldigt, was zur außerordentlichen Kündigung führte.

Daraufhin bewilligte ihm das beklagte Jobcenter ein vorübergehend um 30 % verringertes Arbeitslosengeld II. Später verlangte es die komplette Erstattung seiner Leistungen mit der Begründung, dass der Kläger seine Hilfebedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt habe.

Das LSG hat nun festgestellt, dass ein solcher Anspruch i.S.v. § 34 SGB II nicht bestand. Dieser setze aufgrund der gebotenen Abgrenzung zu den Sanktionsvorschriften (§§ 31 ff. SGB II) ein sozialwidriges Verhalten des Leistungsempfängers voraus, das über die in diesen geregelten Pflichtverletzungen hinausgehe und nur unter Berücksichtigung strenger Maßstäbe anzunehmen sei. Denn der Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sei ein verfassungsrechtlich garantierter Anspruch zur Wahrung des menschenwürdigen Existenzminimums. Das verbiete es, Leistungen, die auf einem einfachen Eigenverschulden beruhten, im Ergebnis nur vorläufig, quasi als Darlehen zur Überbrückung einer akuten Notlage, zu bewilligen, um sie anschließend im vollen Umfang zurückzufordern.

An einem unentschuldbaren Verhalten des Klägers mit einem spezifischen Bezug zur Herbeiführung der Hilfebedürftigkeit fehle es. Denn er habe glaubhaft erklärt, während seiner Ausbildung erkannt zu haben, dass ihm diese nicht liege. Bei der Wertung dieses Vorbringens sei zu berücksichtigen, dass die Wahl des Berufs und der Ausbildungsstätte durch Art. 12 GG besonders geschützt sei. Zwar begründe dies allein keinen wichtigen Grund des Klägers für ein bloßes Fernbleiben von der Ausbildung. Diesem Verhalten habe das Jobcenter jedoch mit einer Leistungskürzung um 30 % hinreichend begegnen können. Ein darüberhinausgehender Vorwurf i.S. eines unentschuldbaren Verhaltens treffe den Kläger hingegen nicht.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Quelle: Presseservice des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen

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