Bonn/Berlin (DAV). Grundsätzlich kann ein Arbeitgeber den Bewerber um eine Stelle nach Verurteilungen oder laufenden Verfahren fragen. Doch darf er Informationen nur zu solchen Vorstrafen und Ermittlungsverfahren einholen, die für den Arbeitsplatz relevant sein könnten.
Darüber informiert die Arbeitsgemeinschaft Arbeitsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) und verweist auf eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Bonn vom 26. Mai 2020 (AZ: 5 Ca 83/20).
Bei seiner Bewerbung um einen Ausbildungsplatz zur Fachkraft für Lagerlogistik musste der Mann im Einstellungsverfahren ein Personalblatt ausfüllen. In diesem antwortete er auf die Frage nach gerichtlichen Verurteilungen oder schwebenden Verfahren mit Nein. Tatsächlich lief gegen ihn jedoch ein Strafverfahren wegen Raubs. Als er zu einer Haftstrafe verurteilt wurde, informierte er seinen Arbeitgeber und teilte ihm mit, er benötige eine Erklärung, dass er seine Ausbildung während seines Freigangs fortführen könne. Sein Arbeitgeber sah sich arglistig getäuscht und erklärte die Anfechtung des Ausbildungsvertrags.
Die Klage des Auszubildenden war erfolgreich. Die Frage des Arbeitgebers nach Ermittlungsverfahren jeder Art sei bei der Bewerbung um eine Ausbildungsstelle als Fachkraft für Lagerlogistik zu weitgehend und damit unzulässig. Bei der Frage nach gerichtlichen Verurteilungen und schwebenden Verfahren müssten diese mit dem Persönlichkeitsrecht des Bewerbers abgewogen werden. Eine zu weitgehende Frage sei unzulässig, und der Bewerber nicht zu einer wahrheitsgemäßen Beantwortung verpflichtet. Grundsätzlich dürfe der Arbeitgeber den Bewerber nach Verfahren oder Verurteilungen fragen, sofern diese für den zu besetzenden Arbeitsplatz relevant sein könnten.
Nicht jede denkbare Straftat könne Zweifel an der Eignung des Manns für die Ausbildung zur Fachkraft für Lagerlogistik zu begründen. Daher war der Arbeitgeber nicht berechtigt, den Ausbildungsvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten.
Quelle und Informationen: www.dav-arbeitsrecht.de – Deutscher Anwaltverein