Verbundene Unternehmen müssen Corona Soforthilfe zurückzahlen

16. Mai 2025

Die Bewilligungen der NRW-Soforthilfen 2020 verstießen gegen europäisches Beihil­fenrecht, wenn sie an ein einzelnes Unternehmen ausschließlich unter Berücksichti­gung seiner eigenen Wirtschaftslage geleistet wurden, obwohl dieses Teil eines Un­ternehmensverbundes war.

Das hat das Oberverwaltungsgericht entschieden und mehrere Klagen gegen Rücknahmebescheide abgewiesen.

Die Kläger waren Betreiber verschiedener Gastronomiebetriebe. Der Kläger im Ver­fahren 4 A 274/23 betrieb als Einzelunternehmer vier verschiedene Gastronomiebe­triebe und war zudem alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, de­ren Gegenstand der Betrieb von Gaststätten war, sowie alleiniger Kommanditist einer GmbH & Co KG und alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der persönlich haf­tenden GmbH. Bei den Klägerinnen in den Verfahren 4 A 2550/22 und 2551/22 han­delte es sich um GmbH & Co KG. Bei den Kommanditistinnen sowie Geschäftsführe­rinnen und Gesellschafterinnen der persönlich haftenden GmbH handelte es sich je­weils um dieselben Personen.

Alle Kläger stellten Ende März beim Land NRW für jeden Betrieb jeweils einen Antrag auf Gewährung einer NRW-Soforthilfe 2020. Dabei mussten sie u. a. versichern, dass ihr Unternehmen unabhängig ist, damit weder ein Partnerunternehmen noch ein ver­bundenes Unternehmen ist, sich also nicht im Mehrheitsbesitz (über 50% der Anteile oder der Stimmrechte) eines anderen Unternehmens befindet. Daraufhin wurden ihnen zunächst Soforthilfen als einmalige Pauschalen bewilligt. Später wurden die Bewilli­gungsbescheide zurückgenommen, weil es sich bei den Betrieben jeweils um Teilun­ternehmen eines verbundenen Unternehmens gehandelt habe und die Bewilligung da­her durch falsche Angaben erwirkt worden sei. Die von den Klägern angerufenen Ver­waltungsgerichte Gelsenkirchen und Düsseldorf haben die Rücknahmebescheide auf­gehoben. Das Oberverwaltungsgericht hat die Urteile geändert und die Klagen abge­wiesen.

Der Vorsitzende des 4. Senats hat in der mündlichen Urteilsbegründung ausgeführt:

Die Rücknahmebescheide sind rechtmäßig. Die Bewilligungen der NRW-Soforthilfen 2020 an die Kläger verstießen gegen das maßgebliche europäisches Beihilfenrecht. Die Kläger waren jeweils verbundene Unternehmen im Sinne des europäischen Bei­hilfenrechts, die Corona-Soforthilfen nicht ausschließlich unter Berücksichtigung ihrer eigenen Wirtschaftslage erhalten durften, weil sie Teil eines Unternehmensverbundes waren. Alle Betriebe waren unmittelbar oder mittelbar in der Hand einer oder zweier Personen, die so entscheidenden Einfluss auf alle Betriebe und Gesellschaften ausü­ben konnten.

Verstießen die Bewilligungsbescheide danach gegen europäisches Beihilfenrecht, be­ruhten sie zugleich auf unrichtigen Angaben, weil die Kläger entgegen der von ihnen im Antrag abgegebenen Versicherung verbundene Unternehmen waren. Auf ein Ver­trauen, die Soforthilfen behalten zu dürfen, können sich die Kläger nicht berufen. Der beihilferechtliche Unternehmensbegriff war schon lange vor der Corona-Pandemie in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und in Bekanntmachungen der Europäischen Kommission geklärt. Der Europäische Gerichtshof verneint in Fällen den Vertrauensschutz, in denen die zuständigen Unionsbehörden, auf die es insoweit an­kommt, zuverlässige Informationen veröffentlichen, nach denen die Rechtmäßigkeit der Beihilfen beurteilt werden kann. Das war hier der Fall unabhängig von den vom Beklagten gegebenen Informationen, denen ausreichend klar entnommen werden konnte, dass es um Zuwendungen im Sinne des europäischen Beihilfenrechts han­delte.

Zwar war das Antragsformular missverständlich formuliert, sodass den Klägern ange­sichts der besonderen Notlage zu Beginn der Corona-Pandemie und der abweichen­den Beurteilung selbst durch die Verwaltungsgerichte strafrechtlich kein Vorwurf zu machen sein dürfte, diese selbst von zahlreichen Spezialisten nicht in jeder Hinsicht zutreffend erkannten rechtlichen Zusammenhänge nicht gekannt zu haben. Dem Land NRW kann aber nicht als treuwidrig entgegengehalten werden, dass es zur Durchset­zung der unionsrechtlich maßgeblichen Genehmigung der Kommission die nach den rechtlichen Maßstäben des europäischen Beihilfenrechts objektiv unrichtige Versiche­rung der Kläger im Antragsformular, ihr Unternehmen sei unabhängig und weder Part­nerunternehmen noch verbundenes Unternehmen, zum Anlass für die unionsrechtlich verpflichtende Rücknahme der Bewilligung genommen hat.

Der Senat hat die Revision jeweils nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungs­beschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.

Aktenzeichen: 4 A 2550/22, 4 A 2551/22 und 4 A 274/23

(I. Instanz: VG Gelsenkirchen, 19 K 4391/20, 19 K 4392/20 und

VG Düsseldorf, 20 K 7275/21)

Quelle: Presseservice des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen


Weitere Meldungen: