Ein unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehender Wegeunfall liegt nicht vor, wenn nicht der direkte Weg, sondern ein achtmal längerer Weg nach Hause gewählt wird. Dies hat das Sozialgericht Osnabrück in einem Urteil vom 01.08.2019 (Aktenzeichen S 19 U 251/17) entschieden.
Der im Jahre 2000 geborene Kläger war als Auszubildender zum Metallbauer beschäftigt. Er erlitt am 20.04.2017 gegen 16:15 Uhr mit seinem Motorrad einen Unfall, als ihm ein abbiegendes Auto die Vorfahrt nahm. Der Kläger erlitt Verletzungen des rechten und linken Fußes sowie des rechten Handgelenkes. Im Unfallzeitpunkt war der Kläger bereits 1,4 km vom direkten und üblichen Weg nach Hause abgewichen.
Die beklagte Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung dieses Ereignisses als Arbeitsunfall mit der Begründung ab, dass der Kläger sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf dem direkten Weg von seiner Arbeitsstätte befunden habe. Es sei nach ihren Ermittlungen zwar zutreffend, dass an dem Unfalltag auf der A 30 ein Stau gewesen sei. Jedoch sei der von dem Kläger gewählte Weg nach Hause verkehrsbedingt nicht nachzuvollziehen.
Der Kläger wandte gegen diese Entscheidung ein, dass sich durch den Stau auf der Autobahn auch auf anderen Straßen ein erheblicher Rückstau gebildet habe. Er sei daher lediglich verkehrsbedingt einen Bogen gefahren, um nach Hause zu kommen.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat sich das Sozialgericht der Einschätzung der beklagten Berufsgenossenschaft angeschlossen.
Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger zwar grundsätzlich einer versicherten Tätigkeit nachgegangen ist, als er sich nach dem Ende seiner Arbeitszeit auf den Weg nach Hause machte. Jedoch hat der Kläger zum Unfallzeitpunkt keinen durch die Wegeunfallversicherung geschützten Weg mehr zurückgelegt. Es lag kein unmittelbarer Weg im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII vor. Denn der von dem Kläger gewählte Weg betrug beim Abweichen von dem direkten Weg nur noch ca. 550 m bis zu seinem Zuhause.
Bis zur Unfallstelle war der Kläger bereits 1,4 km weitergefahren. Wäre er seinem Vortrag entsprechend noch weitergefahren, hätte er insgesamt einen Weg gewählt, der mehr als achtmal so lang war wie der normale restliche Heimweg. Zur Überzeugung des Gerichts haben für diesen längeren Weg keine Gründe vorgelegen, die es rechtfertigen, diesen unter den Schutz der Wegeunfallversicherung zu stellen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es wurde Berufung eingelegt.
Hinweis zur Rechtslage:
Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)
§ 7 Begriff
(1) Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten.
(2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus.
§ 8 Arbeitsunfall
(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch
1. das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2. […]
Quelle: Sozialgericht Osnabrück