Schwangere Asylsuchende – raus aus Aufnahmeeinrichtung

13. Mai 2020

Schwangere Asylsuchende muss wegen Corona-Ansteckungsgefahr nicht weiter in Aufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge wohnen. Das Verwaltungsgericht Münster hat durch Beschluss vom 7. Mai 2020 in einem Eilverfahren dem Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Bezirksregierung Arnsberg, aufgegeben, die Verpflichtung einer schwangeren Asylsuchenden und ihres Ehemanns, in der Zentralen Unterbringungseinrichtung in Rheine zu wohnen, zum Schutz vor Ansteckung mit dem Corona-Virus vorläufig zu beenden.

Die Antragsteller wurden aufgrund ihres Asylantrags verpflichtet, in der Zentralen Unterbringungseinrichtung in Rheine zu wohnen. Mit ihrem Eilantrag hatten sie im Wesentlichen geltend gemacht: Sie befürchteten, bei einem weiteren Aufenthalt in der Aufnahmeeinrichtung mit dem Corona-Virus infiziert zu werden. Die Antragstellerin sei schwanger und müsse sich wiederholt in stationäre Behandlung begeben. In der Einrichtung sei ihnen aufgrund der beengten Wohnverhältnisse die Einhaltung des gebotenen Mindestabstands zwischen zwei Personen von 1,50 m nicht möglich. Sie müssten sich Sanitäranlagen mit anderen Bewohnern teilen. Auch stünden Reinigungsmittel nicht zur Verfügung. Daher sei ihre Verpflichtung, in der Einrichtung zu wohnen, zumindest vorübergehend zu beenden.

Dem folgte das Gericht nunmehr. In den Gründen des Beschlusses heißt es unter anderem: Die Beendigung der Wohnverpflichtung der Antragsteller sei nicht nur zur Seuchenprävention, sondern insbesondere zum Schutz der Antragsteller selbst vor Ansteckung mit dem Corona-Virus Sars-CoV-2 geboten. Die Corona-Schutzverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen in der ab dem 7. Mai 2020 gültigen Fassung enthalte für verschiedene Lebensbereiche Abstandsregeln von mindestens 1,50 m zwischen Personen sowie weitere Regelungen etwa zu Kontaktbeschränkungen und des Tragens von Mund-Nase-Bedeckungen. Dies zeige, dass der Verordnungsgeber eine Ausbreitung des Virus durch das Zusammentreffen von Menschen bei Zusammenkünften und in Einrichtungen aller Art als besonders wahrscheinlich ansehe.

Es würde einen Wertungswiderspruch zu den Regelungen der Verordnung darstellen, wollte man den Bereich der Asylbewerberunterkünfte anders behandeln. Nach den Angaben der Antragsteller, denen der Antragsgegner in der Sache nicht entgegengetreten sei, sei hier von unzureichenden Hygienezuständen auszugehen. Der Antragsgegner könne sich nicht darauf berufen, die Antragsteller seien gehalten, bei der für den Betrieb der Einrichtung verantwortlichen Stelle auf Abhilfe zu drängen. Vielmehr sei es insbesondere angesichts der allgemein bekannten Pandemielage Aufgabe des Antragsgegners, über die Zustände vor Ort Kenntnis zu haben und bei Defiziten für Abhilfe zu sorgen. Hier habe der Antragsgegner jedoch nicht überzeugend dargelegt, dass und welche Maßnahmen in der Einrichtung zur Gewährleistung eines ausreichenden Ansteckungsschutzes vor dem Corona Virus getroffen worden seien.

Daher sei es entsprechend dem individuellen Interesse der Antragsteller, vor einer Ansteckung geschützt zu werden, geboten, ihre Wohnverpflichtung vorläufig zu beenden. Dies gelte umso mehr, da die Antragstellerin aufgrund ihrer weit fortgeschrittenen Schwangerschaft zu einer als besonders vulnerabel anzusehenden Personengruppe gehöre.

Der Beschluss ist unanfechtbar. Aktenzeichen: 6a L 365/20 – rechtskräftig.

Quelle: Presseservice des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen

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