Penisverkrümmung ist nicht lebensbedrohlich

23. November 2020

Wenn es für eine Krankheit keine zugelassene Behandlungsmethode bei Kassenärzten mehr gibt, kann die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) in extremen Ausnahmefällen auch unkonventionelle Methoden übernehmen. Hierzu hat das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) entschieden, dass eine induratio penis plastica (Penisverkrümmung) keinen solchen Ausnahmefall darstellt.

Geklagt hatte ein 59-jähriger Mann aus dem westlichen Niedersachsen, der an einer angeborenen Penisverkrümmung leidet. Von seiner Krankenkasse verlangte er die Kostenübernahme von rd. 14.000 € für eine sog. Grafting-Operation bei einem Privatarzt. Er verwies auf einen erheblichen psychischen Leidensdruck und die Dringlichkeit der OP.

Die Kasse lehnte den Antrag ab. Leistungen von Privatärzten dürften von der GKV nicht übernommen werden. Außerdem sei die Behandlungsmethode nicht anerkannt. In solchen Fällen käme eine Kostenübernahme nur in schweren Ausnahmefällen wie lebensbedrohlichen oder vergleichbaren Erkrankungen in Betracht.

Demgegenüber meinte der Mann, dass eine solche Erkrankung bei ihm vorliege. Denn bei fehlender Behandlung drohten in mehr als der Hälfte der Fälle dauerhafte Erektionsstörungen. Damit sei der Verlust einer herausgehobenen Körperfunktion zu befürchten.

Das LSG hat die Rechtsauffassung der Krankenkasse bestätigt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass nicht anerkannte Behandlungsmethoden bei Privatärzten grundsätzlich nicht von der GKV zu übernehmen seien. Es liege auch kein Ausnahmefall vor. Denn eine bislang nur leichte Beeinträchtigungen der Erektion eines 59-jährigen Mannes sei weder lebensbedrohlich noch wertungsmäßig damit vergleichbar. Eine Einschränkung der Lebensqualität reiche nicht aus. Sie könne nicht als drohender Verlust einer herausgehobenen Körperfunktion qualifiziert werden zumal auch die OP selbst ein gesteigertes Risiko von postoperativen Erektionsstörungen beinhaltet. Im Übrigen dürften psychische Leiden auch nur psychiatrisch bzw. psychotherapeutisch auf Kosten der GKV behandelt werden.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17. November 2020 – L 16 KR 143/20

Print Friendly, PDF & Email


Weitere Meldungen: