Höheres Elterngeld für arbeitslose Frauen wegen beruflicher Einschränkung durch die Schwangerschaft

14. März 2023

Der 10. Senat des Bundessozialgerichts wird sich am 9. März 2023 ab 11.15 Uhr im Elisabeth-Selbert-Saal (Aktenzeichen B 10 EG 1/22 R) mit der Frage befassen, ob Frauen höheres Elterngeld verlangen können, wenn sie arbeitslos waren und ihren bisherigen Beruf schwangerschaftsbedingt nicht mehr wie zuvor ausüben konnten.

Die Klägerin arbeitet seit 2001 als Kameraassistentin insbesondere bei Filmproduktionen. Wie in der Filmbranche üblich, setzt sich ihre Erwerbsbiografie aus einer Vielzahl von befristeten abhängigen Beschäftigungsverhältnissen zusammen, zwischen denen jeweils Zeiten der Arbeitslosigkeit liegen. Das letzte Beschäftigungsverhältnis der Klägerin endete im Juli 2017. Anschließend war sie arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld. Nach Beginn der Arbeitslosigkeit wurde bei ihr eine Schwangerschaft festgestellt. Die auch körperlich anspruchsvolle Beschäftigung als Kameraassistentin konnte die Klägerin aus Gründen des Arbeitsschutzes nach dem Mutterschutzgesetz nicht mehr wie zuvor ausüben. Ihr Antrag, für die Berechnung des Elterngelds deshalb statt der Monate der Arbeitslosigkeit frühere Monate mit Erwerbseinkommen heranzuziehen, blieb ohne Erfolg.

Das Sozialgericht hat die auf Gewährung höheren Elterngelds gerichtete Klage abgewiesen. Die Klägerin sei arbeitslos und nicht krank gewesen. Deshalb scheide eine Verschiebung des Bemessungszeitraums wie bei einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung aus.

Das Landessozialgericht hat den Beklagten zur Neuberechnung des Elterngelds verurteilt. Bei dessen Berechnung müssten auch solche Monate unberücksichtigt bleiben, in denen die Klägerin durch ihre Schwangerschaft an der Wiederaufnahme ihres Berufs gehindert gewesen sei. Dies ergebe sich aus einer analogen Anwendung der gesetzlichen Regelung für den Fall einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung. Dafür spreche auch der verfassungsrechtliche Anspruch von schwangeren Frauen auf Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft.

Mit seiner Revision wendet sich der Beklagte gegen die analoge Anwendung der Regelung für schwangerschaftsbedingte Erkrankungen bei der Klägerin. Die gesetzlich normierten Ausklammerungstatbestände seien abschließend. Auch fehle es an einer Vergleichbarkeit. Die analoge Anwendung würde zu einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand führen. Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen nicht gehalten, jede mit der Mutterschaft zusammenhängende wirtschaftliche Belastung auszugleichen.

Update:

Einer schwangeren Frau steht kein höheres Elterngeld zu, wenn sie im Bemessungszeitraum arbeitslos war und ihren bisherigen Beruf schwangerschaftsbedingt nicht wieder aufnehmen konnte. Vielmehr kommt die Gewährung eines höheren Elterngelds nur in Betracht, wenn Ursache des geringeren Erwerbseinkommens eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung war. Das hat der 10. Senat des Bundessozialgerichts am 9. März 2023 entschieden (Aktenzeichen B 10 EG 1/22 R).

Die Klägerin kann nicht beanspruchen, dass die Monate der Arbeitslosigkeit vor der Geburt ihres Kindes bei der Elterngeldberechnung unberücksichtigt bleiben und durch frühere Monate mit Erwerbseinkommen ersetzt werden, wie dies bei einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung vorgesehen ist. Eine solche Erkrankung lag bei ihr nicht vor. Die gesetzliche Regelung ist auch nicht entsprechend anzuwenden. Hierfür fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke im Gesetz.

Der Gesetzgeber hat abschließend geregelt, welche Tatbestände eine Verschiebung des Bemessungszeitraums für die Berechnung des Elterngelds ermöglichen. Dies gilt gerade auch im Hinblick auf Einkommenseinbußen wegen Arbeitslosigkeit. Der Gesetzgeber durfte das wirtschaftliche Risiko von Arbeitslosigkeit bei der Regelung des Elterngelds als Einkommensersatzleistung ohne Verfassungsverstoß der Sphäre der Elterngeldberechtigten zuweisen.

Quelle: Bundessozialgericht

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