Versicherer muss nachvollziehbare Begründung geben

8. Februar 2019

Der für Versicherungssachen zuständige 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hat in seiner Entscheidung vom 19. November 2018 (Az. 8 U 139/18) noch einmal die besonderen Anforderungen an eine die Leistungspflicht des Versicherers bedingungsgemäß beendende Mitteilung in der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung betont.

Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen, aus der er infolge einer durch unfallbedingt erlittene Beeinträchtigungen eingetretenen Berufsunfähigkeit Leistungen erhielt, die die Beklagte gegenüber dem Kläger zunächst schriftlich und zeitlich unbefristet anerkannt hatte. Weniger als ein Jahr später hatte die Beklagte dem Kläger jedoch mitgeteilt, dass die Leistungsvoraussetzungen nicht mehr vorlägen und deshalb keine Versicherungsleistungen mehr erbracht würden. Der Kläger hat die Beklagte vor dem Landgericht u. a. auf Zahlung der vereinbarten Berufungsunfähigkeitsrente in Anspruch genommen. Gegen das der Klage stattgebende Urteil wandte sich die Beklagte mit der Berufung, die jedoch überwiegend keinen Erfolg hatte.

Durch das uneingeschränkte Anerkenntnis, so stellt der Senat in dem genannten Urteil fest, habe der Versicherer die Möglichkeit verloren, sich später auf das Fehlen der beruflichen oder gesundheitlichen Voraussetzungen des Versicherungsfalls zu berufen oder eine zum Zeitpunkt der Abgabe bereits vorhandene Verweisungsmöglichkeit nachzuschieben. Von ihrer Leistungspflicht könne die Beklagte nur unter den in den Versicherungsbedingungen vereinbarten besonderen Voraussetzungen wieder frei werden. Danach muss der Versicherer keine Leistungen mehr erbringen, wenn der Versicherte aufgrund eingetretener Veränderungen nicht mehr (zu mindestens 50 %) berufsunfähig ist und der Versicherer dies mitteilt.

An eine solche die Leistungspflicht beendende Einstellungsmitteilung sind nach dem Inhalt der genannten Senatsentscheidung besondere Anforderungen zu stellen. Insbesondere muss sie eine nachvollziehbare Begründung für die Leistungseinstellung enthalten, die den Versicherungsnehmer in die Lage versetzt, seine Prozessrisiken abzuschätzen, wenn er die Mitteilung nicht akzeptiert. Dazu gehöre, dass der Versicherer dem Versicherungsnehmer etwaig eingeholte Gutachten oder ärztliche Bescheinigungen zugänglich macht, auf die der Versicherer seine Entscheidung stützt, und dem Versicherungsnehmer die Vergleichsbetrachtung aufgezeigt werde, die nach Ansicht des Versicherers zur Beendigung der Leistungspflicht geführt habe. Dies erfordere eine Vergleichsbetrachtung des Gesundheitszustandes des Versicherten, den der Versicherer seinem Anerkenntnis zugrunde gelegt habe, mit dem (angeblich) veränderten Gesundheitszustand des Versicherten zum Zeitpunkt der Leistungseinstellung.

Die formellen Anforderungen an eine solche Leistungseinstellung dürften nach Ansicht des Senats nicht überspannt werden. Ein gesonderter Bescheid sei nicht erforderlich, vielmehr könne der notwendige Vortrag dazu, dass und ab welchem Zeitpunkt der Versicherte wieder berufsfähig sei und aus welchen veränderten Um-ständen sich dies ergebe auch noch im Rechtsstreit selbst erhoben werden. In dem vom Senat zu entscheidenden Sachverhalt habe der Versicherer dazu aber nicht ausreichend vorgetragen, weshalb die Leistungspflicht der Beklagten fortbestehe.

Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 28. April 1999 – IV ZR 123/98, juris) hob der Senat hervor, dass es insbesondere nicht genüge, dass der Versicherer lediglich die von ärztlichen Gutachtern geschätzten Grade der Berufsunfähigkeit zum damaligen und jetzigen Zeitpunkt gegenüberstelle. Wegen des den Ärzten zuzubilligenden Beurteilungsspielraums, der Raum für individuell unterschiedliche Schätzungen lasse, bestehe nämlich die Möglichkeit, dass verschiedene Ärzte demselben Gesundheitszustand verschiedene Grade der Berufsunfähigkeit zuordnen. Deshalb lasse sich nicht ausschließen, wenn ein früheres und ein späteres Gutachten verschiedene Grade der Berufsunfähigkeit angeben, dass dem Unterschied keine Gesundheitsänderung, sondern lediglich verschiedene subjektive Maßstäbe der verschiedenen Gutachter zugrunde liegen. Eine unterschiedliche Bewertung des unveränderten Gesundheitszustandes gebe dem Versicherer aber kein Recht zur Leistungseinstellung.

Quelle: Oberlandesgericht Celle

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