Untergewicht – Krankenkasse muss Krankenhaus stationäre Behandlung erstatten

27. Juni 2020

Detmold/Berlin (DAV). Auch wenn ein Eingriff ambulant durchgeführt werden kann, muss die Krankenkasse unter Umständen die Kosten für eine stationäre Behandlung erstatten. Das Krankenhaus kann etwa entscheiden, eine erheblich untergewichtige Patientin wegen des erhöhten Operationsrisikos nach dem Eingriff stationär zu versorgen.

Dies ist dann medizinisch erforderlich. Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine jetzt veröffentlichte Entscheidung des Sozialgerichts Detmold vom 21. Dezember 2018 (AZ: S 24 KR 1031/17).

Die erheblich untergewichtige Versicherte wurde im Krankenhaus behandelt. Ihr BMI lag bei 16,7 kg/m2. Sie hatte durch Verwachsungen hervorgerufene Unterbauchbeschwerden. Die Ärzte behoben diese durch einen operativen Eingriff. Die Kosten von knapp 2.000 Euro übernahm zunächst die Krankenkasse. Nach der Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) forderte die Krankenkasse das Geld jedoch vom Krankenhaus zurück. Später verrechnete sie den Betrag mit der Behandlung eines anderen Patienten in dem Krankenhaus. Die Klinik verklagte die Krankenkasse.

Mit Erfolg. Die Krankenkasse kann die Kosten der Behandlung nicht vom Krankenhaus zurückverlangen, so das Gericht. Die Verrechnung sei nicht zulässig, da es der Krankenkasse nicht erlaubt sei, die Vergütung zurückzufordern. Zwar handele es sich bei der Operation um eine Leistung, die nach dem Vertrag für ambulantes Operieren im Krankenhaus sowohl ambulant als auch stationär erbracht werden könne, doch sei in diesem Fall eine stationäre Behandlung medizinisch erforderlich gewesen.

Das Gericht hatte ein gynäkologisches Gutachten eingeholt. Aufgrund des erheblichen Untergewichts der Versicherten habe sich ein nicht zu unterschätzendes Komplikationsrisiko ergeben. Daher habe die Operation stationär durchgeführt werden müssen. Auch wenn das Krankenhaus diesen Gesichtspunkt nicht ausdrücklich als Grund für die stationäre Planung der Behandlung genannt habe, komme es auf die Verhältnisse aus der Sicht der behandelnden Ärzte bei Aufnahme der Patientin an. Bei untergewichtigen Patienten bestehe nach Einschätzung des Sachverständigen ein signifikant, nämlich 1,48-fach erhöhtes Sterblichkeitsrisiko gegenüber Normalgewichtigen. Ebenso steige das Risiko für Lungenerkrankungen und septische Komplikationen während und nach Operationen.

Quelle: Informationen: www.dav-medizinrecht.de

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