Jobcenter muss keinen Abiball finanzieren

24. September 2019

Zwei Abiturientinnen waren mit ihrer Klage auf Zahlung von jeweils etwa 200,00 € für einen „Abiball“ gegen das Jobcenter erfolglos. Die zwei Schwestern nahmen an einer privaten „Abiball“-Veranstaltung zum Schulabschluss teil. Zu den Kosten gehörten jeweils 100,00 € für die Anmietung einer Lokalität, jeweils 27,00 € für die „Abiball“-Karten sowie je etwa 50,00 € für neue Kleider und je etwa 40,00 € für neue Schuhe.

Die beiden Schwestern beantragten beim Jobcenter die Übernahme dieser Kosten. Es handele sich um einen unabweisbaren Mehrbedarf. Das Jobcenter lehnte die Kostenübernahme ab. Der geltend gemachte Bedarf sei aus der Regelleistung zu bestreiten. Dagegen haben die beiden Schwestern geklagt.

Die 43. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf lehnte die Klage ab. Es möge zwar wünschenswert sein, an einer solchen privaten Schulabschlussfeier teilzunehmen. Es habe sich jedoch nicht um eine schulische Veranstaltung gehandelt. Eine Teilnahme sei nicht verpflichtend gewesen. Es bestehe im Rahmen der Existenzsicherung kein Anspruch darauf, an allen gesellschaftlichen Ereignissen in gewünschtem Umfang teilnehmen zu können. Zudem habe das Ereignis seit geraumer Zeit festgestanden. Die Klägerinnen hätten die Beträge ansparen oder durch Ausübung einer Erwerbstätigkeit erwirtschaften können.

Urteil vom 22.10.2018, S 43 AS 2221/18 – nicht rechtskräftig –

Quelle: Presseservice des Ministeriums der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen

Anmerkung Sozialticker … soviel zur kulturellen Teilhabe unter der Hartz IV Menschenverachtung. Da haben die Mädels das Abi geschafft und werden zum Abschluss gleich mal mit der SGB II Knute belobigt.

So ticken deutsche Gerichte, unter politisch diktiertem Sparwahn und wir hegen den leisen Verdacht, dass die Richter nach ihrem Abitur wohl im Keller sich ein Glas Kirschen zur Feier öffneten.

Mädels, Willkommen in der würdelosen Schicht, wo der Artikel 1 gleich mal in die Tonne geworfen wurde.

Update 23.09.2019:

„Das entsprechende Urteil des Sozialgerichts (SG) Düsseldorf vom 22.10.2018 (S 43 AS 2221/18) ist nun rechtskräftig. Das Landessozialgericht (LSG) hat in seinem Beschluss vom 19.08.2019 den Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen (Az. L 6 AS 1953/18 NZB).

Die Klägerinnen beantragten beim Jobcenter die zuschussweise Übernahme der Kosten für ihren Abiball: jeweils 100,00 Euro für die Anmietung einer Lokalität, 27,00 Euro für den Eintritt sowie etwa 90,00 Euro für neue Kleider und Schuhe. Nachdem das SG die Ablehnung des Jobcenters bestätigt hatte, beantragten sie die Zulassung der Berufung.

Das LSG sah nun die Voraussetzungen des § 144 Abs. 2 SGG als nicht gegeben an. Insbesondere sei die Rechtssache nicht von

grundsätzlicher Bedeutung. Die Auslegung des Gesetzes ergebe unzweifelhaft, dass die Ausgaben für die Teilnahme an der Schulabschlussfeier keinen Anspruch begründeten.

Die Anwendung von § 21 Abs. 6 SGB II scheitere bereits daran, dass es sich bei den Kosten nicht um davon erfasste laufende, sondern einmalig auftretende Bedarfe handele. Eine planwidrige Regelungslücke, die zur Vermeidung von Grundrechtsverstößen durch eine analoge Anwendung

geschlossen werden müsste, liege nicht vor. Denn Bedarfsspitzen bei durch grundsätzlich vom Regelbedarf umfassten Ausgaben würden in Form von Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II abgefangen. Zudem habe es sich bei dem Abiball nicht um eine schulische Veranstaltung gehandelt, deren – wenn auch wünschenswerter – Besuch verpflichtend gewesen wäre. Überdies könne auch nicht erkannt werden, dass sämtliche anderen

Möglichkeiten (z.B. eine Unterstützung durch den Förderverein) ausgeschöpft worden seien, um eine Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zu vermeiden. Allein unter diesem Aspekt seien verfassungsrechtliche Argumente für eine Ausdehnung der Norm gegen den eindeutigen Wortlaut auch auf die hier geltend gemachten einmalig auftretenden Ausgaben nicht überzeugend. Das gleiche gelte für eine über die abschließende Aufzählung in § 28 Abs. 2 bis 7 SGB II hinausgehende Auslegung als Bedarf für Bildung und Teilhabe“

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