Folgenschwere Schädlingsbekämpfung mit gefährlichen Chemikalien

9. Juli 2020

Die Klägerin lebt mit ihrem Ehemann und zwei minderjährigen Kindern in einem Einfamilienhaus in Garbsen. Im Februar 2016 beauftragte sie den Beklagten – der eine Fachfirma für Schädlingsbekämpfung betreibt – gegen einen Befall des Gebäudes mit Katzenflöhen vorzugehen. In der Folge versprühte der Beklagte in dem Wohnhaus großflächig diverse Chemikalien auf Teppichböden, Polstermöbeln, Matratzen, Bettwäsche, Kinderspielzeug und Bekleidung.

Die Klägerin behauptet, kurze Zeit nach der Schädlingsbekämpfung hätten alle Familienmitglieder unter Hautrötungen an den Händen, Hautveränderungen und stechenden Schmerzen im gesamten Körper gelitten. Ärztlich seien bei der Klägerin zudem akut erhöhte Leberwerte und Rückstände von Chemikalien im Urin festgestellt worden. Tatsächlich seien die verwendeten Mittel keineswegs unbedenklich, dürften nur in bestimmten Bereichen und nicht auf Mobiliar verwendet werden. Demgegenüber habe der Beklagte auf Nachfrage hin erklärt, die Chemikalien seien derart harmlos, dass man sie auch trinken könne; dieselben Mittel würden auch in Kindergärten und Pflegeheimen verwendet.

Nachdem die Klägerin den Fachbereich Umwelt der Region Hannover eingeschaltet hatte, führte die Staatsanwaltschaft Hannover gegen den Beklagten ein Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Chemikaliengesetz. Mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Neustadt vom 06.04.2017 ist der Beklagte deshalb zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen (insgesamt 1.500 €) verurteilt worden.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin Kosten für Renovierungsarbeiten (Malertätigkeiten, Erneuerung des Parkettbodens, Teppichverlegung) sowie für Entsorgungsarbeiten und die Dekontaminierung des gesamten Wohnhauses in Höhe von rund 26.000 € geltend.

Der Beklagte behauptet, die Klägerin habe auf den bloßen Verdacht eines Befalls mit Katzenflöhen hin hysterisch überreagiert und selbst diverse Chemikalien in der Wohnung versprüht, die sie vorher von einem Tierarzt besorgt habe. Er selbst habe nicht fehlerhaft gehandelt; im Gegenteil seien die Chemikalien auf ausdrücklichen Wunsch der Klägerin versprüht worden. Obwohl der Beklagte auf die Gefahren hingewiesen habe, hätte die Klägerin beinah täglich bei ihm angerufen und immer weitere Dekontaminierungsmaßnahmen gefordert.

Die Kammer hat die Klägerin und den Beklagten persönlich zur Verhandlung geladen, um den Sachverhalt aufzuklären. Am Mittwoch, 15.07.2020, 11:30 Uhr, Saal 3 L 1 verhandelt die 11. Zivilkammer über eine Klage auf Schadensersatz wegen einer Schädlingsbekämpfung mit vermeintlich gesundheitsschädlichen Chemikalien.

Quelle: Landgericht Hannover – Az.: 11 O 294/19

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