Ermessen aus verfassungsrechtlicher Sicht

17. Februar 2020

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Dezember 2019 die Vorlage des Sozialgerichts Mainz u.a. zur Frage der Verfassungswidrigkeit des § 7 Abs. 1 SGB II (Ausländer/innen-Ausnahme vom „Hartz IV“-Bezug) für unzulässig erklärt. Dabei warf das BVerfG dem SG Mainz vor, nicht dem Begründungserfordernis entsprochen zu haben.

An dieser Stelle soll aber nicht § 7 SGB II im Zusammenhang mit dem Aufenthaltsrecht Gegenstand der Betrachtung sein, sondern ein durch das BVerfG ebenfalls zur Sprache gebrachter Aspekt.

Interessant im Allgemeinen ist daher der weitere Vorwurf des BVerfG an das SG Mainz, daß es „die verfassungsrechtlichen Ausgangspunkte“ verkenne. Konkret heißt es dann zum Thema Ermessen:

„Auch eine Leistung, die im Ermessen steht, kann dem verfassungsrechtlichen Gebot genügen, die menschenwürdige Existenz im Wege gesetzlicher Ansprüche zu sichern. Insbesondere reduziert sich das Ermessen auf Null und wird zum unmittelbaren Anspruch auf Leistung, wenn die Existenz beispielsweise in Härtefällen nur so gesichert werden kann. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums durch einen gesetzlichen Anspruch gesichert sein muss (…), weil der Gesetzgeber in der Pflicht steht, die hier maßgeblichen Entscheidungen selbst zu treffen.

Damit sind Ermessensleistungen im Bereich der Grundsicherung oder sonstige Öffnungsklauseln nicht von vornherein verfassungswidrig (…); vielmehr wird zur Sicherung der menschenwürdigen Existenz darauf verwiesen, dass Verwaltung und Gerichte vorhandene Auslegungsspielräume nutzen müssen, um Bedarfe zu decken, wenn die für den Regelbedarf pauschal angesetzten knappen Summen dafür nicht genügen (…).“ [BVerfG, Beschluß vom 4. Dezember 2019, Az.: 1 BvL 4/16, Rdnr. 18]

„Hinsichtlich der Bestimmtheit der vorgelegten Regelung verkennt das Gericht, dass auch Ermessensregeln und Öffnungsklauseln den diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen müssen. Dem steht gerade nicht entgegen, wenn der Gesetzgeber der Verwaltung einen Spielraum für besonders schutzwürdige Ausnahmefälle eröffnet und die oft notwendige Flexibilität bei außergewöhnlichen Umständen schafft (…).“ [BVerfG, a.a.O., Rdnr. 19]

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Vollständiger Artikel und Quelle: Herbert Masslau

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