Keine Eilbedürftigkeit bei verspäteten Rentenzahlungen?

1. Juli 2025

Auf der Seite des Bürgerservices des Landes Schleswig-Holstein, auf der von der schleswig-holsteinischen Sozialgerichtsbarkeit der ersten Instanz bedauerlicherweise so gut wie keine Urteile und Beschlüsse eingestellt werden, findet sich aktuell ein Beschluss des SG Kiel, der zwar weder über einen Tatbestand noch eine ausführliche Begründung verfügt, aber dennoch einer kurzen Besprechung lohnt.

Der Antragsteller erhält offenbar regelmäßig verspätete Rentenzahlungen von der Deutschen Rentenversicherung und kann deswegen seine Miete nur unpünktlich zahlen. Aus Sorge vor einer Wohnraumkündigung stellte er einen Eilantrag bei dem Sozialgericht Kiel auf Verpflichtung der Rentenversicherung zur pünktlichen Rentenzahlung.

Den Eilantrag des Rentners lehnt das Sozialgericht Kiel mit der Begründung ab, dem Rentner drohten keine „unzumutbaren Nachteile“, so dass er nicht „konkret in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht“ sei. Ein drohender Wohnraumverlust könne zwar einen Anordnungsgrund begründen. Nachweise dafür, dass ihm eine Wohnungskündigung konkret droht, habe der Rentner indessen – „trotz diesbezüglicher gerichtliche Aufforderung“ – nicht beigebracht.

Diese von mir bereits mehrfach an verschiedenen Stellen kritisierte Rechtsprechung ist problematisch. Denn anders als die fristlose Kündigung lässt sich eine fristgerechte Kündigung nicht durch (Nach-) Zahlung der Miete heilen und Amtsgerichte haben immer wieder entschieden, dass selbst die häufigere verspätete Zahlung der Miete nur um wenige Tage eine fristgerechte Wohnraumkündigung rechtfertigen kann. Ob eine Wohnraumkündigung „droht“, weiß ein Mieter deswegen erst, wenn die Kündigung im Briefkasten liegt. Dann aber ist es zu spät – auch für ein gerichtliches Eilverfahren vor dem Sozialgericht etwa auf Mietschuldenübernahme, denn dann heißt es: Kein Rechtschutzbedürfnis mehr, weil sich das Mietverhältnis ohnehin nicht mehr retten lässt (vgl. etwa Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Beschluss vom 14.12.2023, L 6 AS 127/23 B ER).

(SG Kiel, Beschluss vom 20.01.2025, S 1 R 3/24 ER)

Nachtrag: Zwischenzeitlich hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht die Entscheidung des SG Kiel vom 20.01.2025, S 1 R 3/24 ER bestätigt (Beschluss vom 12.02.2025, L 7 R 11/25 B ER). Der Beschluss findet sich hier und als erster Kommentar zu diesem Blogbeitrag).

Quelle: Rechtsanwalt Helge Hildebrandt bei Sozialberatung Kiel


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