Für Radfahrer gilt beim Überholen von Pferden eine besondere Sorgfaltspflicht

19. Juni 2020

Die 4. Zivilkammer des Landgerichts hat entschieden, dass Fahrradfahrer im Straßenverkehr beim Überholen einen Sicherheitsabstand einhalten müssen, der sich an der besonderen Gefährlichkeit im konkreten Fall orientieren muss.

Der aus Römerberg stammende Fahrer eines Liegefahrrads wollte auf einem Radweg in der Nähe von Haßloch zwei Pferde überholen. Dabei hielt er den erforderlichen Mindestabstand nicht ein. Dieser hätte nach Ansicht der Kammer im konkreten Fall mindestens eineinhalb bis 2 Meter betragen, während der Radfahrer lediglich einen Abstand von circa 40 Zentimetern hatte.

Beim Überholen schlug eines der Pferde mit den Hufen aus und brachte den Radfahrer zum Stürzen. Er erlitt Prellungen, Schürfwunden und eine Verletzung an der Hand. Obwohl die beiden Reiterinnen den Radweg verbotswidrig benutzt hatten, trifft den Radfahrer nach dem Urteil eine hälftige Mitschuld an seinen Verletzungen. Ihm wurde u.a. ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 Euro zugesprochen.

Die Kammer stellte in der Entscheidung zunächst fest, dass für die Halterin eines Pferdes eine sogenannte Tierhalterhaftung besteht. Hiernach hat ein Tierhalter grundsätzlich für sämtliche Schäden einzustehen, die das Tier verursacht. Die Tierhalterin konnte sich im konkreten Fall von der Haftung auch nicht entlasten, da ihr bewusst gewesen sei, dass das Pferd auf dem nur für Radfahrer zugelassenen Radweg geritten wird.

Gleichzeitig habe sich aber auch der Radfahrer falsch verhalten: Für Radfahrer gelten die Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zum Überholen auch dann, wenn sich – wie hier – verbotswidrig Pferde auf dem Radweg befinden. Da bei einem Pferd immer mit einer unvorhergesehenen Verhaltensweise gerechnet werden müsse, sei ein Sicherheitsabstand von einem Meter hier nicht ausreichend. Es hätte ein Abstand von wenigstens eineinhalb bis 2 Metern eingehalten werden müssen. Zudem habe sich der Radfahrer nicht mit den Reiterinnen über das Überholen verständigt, obwohl ihm dies unproblematisch möglich gewesen wäre.

Quelle: LG Frankenthal, Urteil vom 05.06.2020, Az. 4 O 10/19


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