Kein Sprung ins Ungewisse – Zu Verkehrssicherungs- und Aufklärungspflichten

20. Juli 2020

Der Umstand, dass es bei einem sog. Standweitsprung zu Gelenkverletzungen kommen kann, begründet keine Verkehrssicherungs- oder Aufklärungspflicht des Betreibers einer Sportstätte. Das hat der 7. Senat des Oberlandesgerichts Köln mit Beschluss vom 09.03.2020 – 7 U 257/19 – entschieden.

Der Kläger nahm die Beklagte aufgrund eines Vorfalls im Sport- und Olympiamuseum in Köln in Anspruch. Im Rahmen eines Betriebsausflugs hatte er dort an einer sog. „aktiven Führung“ teilgenommen. Eine Mitarbeiterin der Beklagten leitete die Führung und führte dabei mit den Teilnehmern einige leichte Sportübungen durch. Aufwärmübungen oder eine Warnung, dass Verletzungen auftreten könnten, erfolgten nicht. Vor jeder Station des Parcours wurde die Übung erklärt und gefragt, wer sie freiwillig durchführen wolle. Der Kläger meldete sich freiwillig und wies keine äußeren Auffälligkeiten auf. Bei einem Standweitsprung, bestehend aus fünf Sprüngen hintereinander mit 2kg-Hanteln in den Händen, erlitt der Kläger beim dritten Sprung beim Aufkommen einen Sehnenriss in beiden Knien. Die Verletzungen traten ein, ohne dass weitere Umstände wie z.B. ein Umknicken hinzukamen. Zu vergleichbaren Unfällen war es bei der schon wiederholt durchgeführten Veranstaltung zuvor nicht gekommen.

Der Kläger war der Auffassung, die Beklagte hafte aufgrund einer Sorgfaltspflichtverletzung, da sich ihre Mitarbeiterin nicht nach seinem Fitnesszustand erkundigt und keine Aufwärmübungen durchgeführt habe. Die Übung sei ungeeignet für nicht sporterprobte Teilnehmer gewesen. Mit Urteil vom 30.08.2019 hat das Landgericht Köln die Klage abgewiesen. Nachdem der 7. Senat des Oberlandesgerichts Köln mit Beschluss vom 09.03.2020 darauf hingewiesen hatte, dass er beabsichtige, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Köln zurückzuweisen, hat der Kläger die Berufung zurückgenommen. Das Urteil des Landgerichts Köln ist damit rechtskräftig.

Zur Begründung der mangelnden Erfolgsaussichten der Berufung führte der Senat aus, dass der Mitarbeiterin der Beklagten weder eine Verkehrssicherungspflichtverletzung noch eine Verletzung von Aufklärungspflichten vorzuwerfen sei. Die Verkehrssicherungspflicht von Betreibern einer Sportstätte beziehe sich nicht darauf, die Sportler vor Gefahren zu schützen, die typischerweise mit der Ausübung ihrer Sportart verbunden sind.

Der Sportveranstalter müsse die Sportler vielmehr vor heimtückischen Objekten und atypischen Gefahren schützen, die sie kaum erkennen und denen sie daher nicht adäquat begegnen können. Die Gefahr einer Gelenkverletzung durch Umknicken sei jedoch jedem mit Sprüngen verbundenen Sport immanent und offensichtlich. Auch die Erhöhung der Gefahr durch den Einsatz von Gewichten sei für jedermann erkennbar. Es habe daher auch keiner besonderen Aufklärung bedurft.

Auch dass die Führung einen Wettbewerbscharakter gehabt habe, begründe keine weitere Verkehrssicherungspflicht der Beklagten. Zwar könne die Schaffung einer Wettbewerbssituation die Gefahr einer Überforderung und daraus resultierender Verletzungen potentiell erhöhen. Bei erwachsenen Teilnehmern im fortgeschrittenen Alter sei jedoch zu unterstellen, dass diese ihre körperlichen Belastungsgrenzen kennen und gleichwohl berücksichtigen.

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 09.03.2020 – Az. 7 U 257/19.

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