Frischzellentherapie als bedenkliches Arzneimittel verboten

2. Juli 2021

München/Berlin (dpa/tmn). Medizinische Anwendungen mit Frischzellen tierischer Herkunft bergen erhebliche Risiken. Deshalb wurde einem Unternehmen die Herstellung, Anwendung und Werbung für eine „Frischzellentherapie“ verboten.

Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Landgerichts München I vom 27. November 2020 (AZ 1 HK O 18008/19).

Das Unternehmen warb am 21.06.2019 im Internet auf seiner Website für eine „Frischzellentherapie“ zur Anwendung am Menschen. Die Zelltherapie habe sich in der Praxis zur Behandlung verschiedener Indikationen bewährt, behauptete der Hersteller. Diese reichten von Altersbeschwerden mit körperlicher und geistiger Erschöpfung über vegetative sowie nervöse Symptome bei chronischer Stressbelastung oder Reizbarkeit. Aber auch Konzentrationsmängel und Schlafstörungen, funktionelle und organische Herz-Kreislauf- und Gefäßkrankheiten, Diabetes und vieles andere sollte damit behandelt werden können. Der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. klagte auf Unterlassung wegen des Verstoßes gegen Vorschriften im Heilmittelbereich.

Die Klage hatte umfänglich Erfolg.

Das Landgericht stufte aufgrund mehrerer Gutachten das von der Beklagten vertriebene Produkt als bedenkliches Arzneimittel ein. Die Frischzellen hätten bei bestimmungsgemäßem Gebrauch sogar schädliche Wirkung, die nach Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft über ein vertretbares Maß hinausgehen.

Als zwei wesentliche Risiken identifizierte das Gericht die Übertragung von Infektionserregern sowie immunologische und allergische Reaktionen. Durch die Verabreichung eines Fremdproteins bestünden diese Risiken prinzipiell. Im konkreten Fall hielt das Gericht auch die Wirksamkeit für die beworbenen Anwendungsbereiche für nicht wissenschaftlich erwiesen.

Selbst wenn man unterstelle, dass bei der Produktion sterile Bedingungen bestünden, sowie eventuelle Viren und Bakterien inaktiv würden, bleibe immer noch das Risiko der immunologischen bzw. allergischen Nebenwirkungen. Das Risiko, dass es bei solchen Reaktionen zu möglicherweise irreversiblen Schäden bei Patienten komme, sei unvertretbar groß im Hinblick auf den wissenschaftlich nicht belegten Nutzen der Anwendung. Außerdem stünden auch zugelassene und gut verträgliche Therapiealternativen zur Verfügung.

Quelle und Informationen: www.dav-medizinrecht.de

Print Friendly, PDF & Email


Weitere Meldungen: