Südkreuzprojekt fehlt Rechtsgrundlage

7. Februar 2018

Am Berliner Bahnhof Südkreuz werden seit drei Wochen die Gesichter von Reisenden digital abgetastet. Unser Gründungsvorstand padeluun hat sich als Testperson für den Feldversuch angemeldet und entdeckt, dass ihm die Bundespolizei einen aktiven, 50 Meter weit sendenden Beacon untergeschoben hat. Das ist ein Vertragsbruch und ein heftiger Verstoß gegen das Datenschutzgesetz.

Deshalb fordern wir, dass der Versuch sofort abgebrochen wird! Erreicht haben wir schon jetzt, dass die Testpersonen und die Öffentlichkeit über die Dauersender informiert wurden. Der Druck auf das Innenministerium wächst – denn die Bundesdatenschutzbeauftragte hat sich unserer Forderung am Mittwoch angeschlossen.

Hätte padeluun sich nicht als Freiwilliger für das Projekt gemeldet, wäre die Öffentlichkeit bis heute nicht informiert: Als er den Transponder, den Versuchspersonen bei sich tragen müssen, in seinen Händen hielt, hat er nicht schlecht gestaunt. Es ist nämlich kein passiver RFID-Chip, mit dem er gerechnet hatte, sondern „blukii“, ein aktiv sendender Beacon. Dieser Mini-Computer sammelt unterschiedliche Daten (Temperatur, Neigung und Beschleunigung) und gibt sie weiter. Ohne die Testpersonen über die Fähigkeiten des Geräts zu informieren, hat die Bundespolizei diese kleinen „Überwachungslabore“ verteilt. Soll das eine informierte Einwilligung sein, wie sie das Gesetz vorschreibt? Nein. Deshalb fordern wir: Der Test muss sofort abgebrochen werden!

Unser Artikel zur Gesichtserkennung am Südkreuz:

Kommentierte Bilder der Aktion:

Kaum einen Tag nach der Pressemitteilung am Montag war das Innenministerium schon so in der Defensive, dass sie eine Rechtfertigung über ihren Twitter-Account geteilt haben. Am Tag vor dem Auftritt von Thomas de Maizière am Bahnhof Südkreuz bekamen wir ordentlich Rückendeckung. Die Bundesdatenschutzbeauftragte sowie Abgeordnete von SPD, Grünen und DIE LINKE haben sich unserer Forderung nach dem sofortigen Abbruch angeschlossen. Natürlich hat Überwachungsminister de Maizière nicht die Verantwortung übernommen und hält am Feldprojekt fest. Nach unserer Aktion ist aber klar: Zusätzlich zu aller Kritik an biometrischer Überwachung fehlt die Rechtsgrundlage für das Projekt, weil keine informierten Einwilligungen vorliegen.

Quelle: Digitalcourage e.V.

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