Sozialversicherung macht Familien arm!

10. Februar 2020

Der Horizontale Vergleich geht von einem statistischen Durchschnittsentgelt von 35.000 Euro aus und zeigt, wie viel Geld unterschiedliche Familienkonstellationen mit gleichem Einkommen nach Abzug von Steuern und Sozialabgaben zur freien Verfügung übrig haben. Dieser wird jährlich vom Deutschen Familienverband (DFV) und Familienbund der Katholiken (FDK) berechnet.

Die Berechnungen 2018 zeigen: Bereits eine Familie mit zwei Kindern rutscht aufgrund von Steuern und familienblinden Sozialabgaben unter das staatlich garantierte Existenzminimum.

„Seit vielen Jahren stellen wir fest, dass Steuern und Abgaben die Familie arm machen. Eine fünfköpfige Familie hat trotz Kindergeld und Ehegattensplitting weniger zum Leben übrig, als sie zur Teilhabe an der Gesellschaft braucht“, sagt Klaus Zeh, Präsident des Deutschen Familienverbandes. „Um über 7.300 Euro liegt ihr frei verfügbares Einkommen unter dem steuerlichen Existenzminimum. Damit hat die Familie sogar 300 Euro weniger zur Verfügung als noch 2017. Das ist eine familienpolitische Fehlentwicklung. So wird Kinderarmut nicht bekämpft, sondern durch Gesetze sogar verstärkt.“

Es ist unstrittig, dass das Steuersystem nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit besteuern soll. Wer Kinder hat, ist wirtschaftlich weniger leistungsfähig als jemand, der bei gleichem Einkommen keine Unterhaltspflichten hat. Ebenso unstrittig ist es, dass die gesetzliche Sozialversicherung ebenso solidarisch aufgebaut sein muss. Starke Schultern können mehr tragen als schwache.

Der „Horizontale Vergleich“ zeigt deutlich auf, dass in erster Linie die Sozialversicherung Familien benachteiligt. Ein Lediger ohne Kinder zahlt die selben Beitragssätze in die Rentenversicherung, wie eine Familie mit zwei, drei oder vier Kindern. Dabei sind es gerade die Eltern, die mit der Erziehung ihrer Kinder das Generationensystem Rente überhaupt erst ermöglichen. Die späteren Rentenzahler sind die Kinder von heute. Ebenso verhält es sich bei der gesetzlichen Krankenversicherung und, trotz geringfügig höheren Beitrages für Menschen ohne Kinder, in der Pflegeversicherung.

„Die Sozialversicherung kennt keine Familiengerechtigkeit. Sie treibt Familien sprichwörtlich in die existenzielle Not“, sagt Stephan Schwär, Vorsitzender des Familienbundes der Katholiken im Landesverband Baden-Württemberg. „Ob Kinderlos oder Großfamilie. Jeder zahlt den gleichen Sozialversicherungsbeitrag, obwohl der Kinderanteil des Familieneinkommens, also die gesetzlich zwingende Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber Kindern, den Eltern gar nicht zusteht. Dieser wird aber dennoch komplett verbeitragt. Es ist schlichtweg eine Irreführung zu sagen, die gesetzliche Krankenversicherung ist für Kinder kostenlos. Fakt ist: Bei der Sozialversicherung gibt es einen milliardenschweren Transfer von Familien zu Kinderlosen. Aber Ungleiches darf nicht gleich behandelt werden. Das widerspricht dem Gleichheitssatz unserer Verfassung.“

Gegen die familienblinde Ausgestaltung der Sozialversicherung klagen gegenwärtig mehr als 2.000 Familien, die vom Deutschen Familienverband und Familienbund der Katholiken unterstützt werden. Mehrere Verfassungsbeschwerden liegen mit Aktenzeichen beim Bundesverfassungsgericht. Ende Januar 2018 kam das Sozialgericht Freiburg zur Überzeugung, dass die gesetzliche Pflegeversicherung mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbaren ist und legte dem Bundesverfassungsgericht die Frage per Richtervorlage zur Prüfung vor (mehr Informationen diesbzgl. unter www.elternklagen.de).

Wichtige Erläuterungen:

Steuerliches Existenzminimum
Das steuerliche Existenzminimum ist vom Gesetzgeber im Einkommenssteuergesetz (EStG) als derjenige Betrag festgelegt, auf den der Staat nicht zugreifen darf, um einer Person das Minimum der Existenzsicherung zu belassen. Der DFV und FDK halten das steuerliche Existenzminimum für zu niedrig angesetzt. Das Existenzminimum eines Kindes muss gleich hoch angesetzt werden, wie das eines Erwachsenen.

Wie können Familien im „roten Bereich“ überhaupt leben?
Die Erklärung ist denkbar einfach und erschütternd zugleich: Familien drehen jeden Cent dreimal um. Sie schränken sich an allen Ecken und Enden ein. Eltern stehen regelmäßig zugunsten ihrer Kinder zurück. Die negative Einkommenssituation hat zur Folge, dass Familien in schlechtere Wohnlagen ausweichen, sich im Konsum einschränken und auf zusätzliche Altersvorsorge verzichten müssen. Der rote Bereich bildet letztendlich das ab, was ihnen am gesetzlich definierten Existenzminimum regelmäßig fehlt.

Kindergeld: Nur teilweise eine Familienleistung!
Das Kindergeld hat nach § 31 EStG die Aufgabe, die verfassungswidrige Besteuerung für Menschen mit Kindern zu korrigieren. Kindergeld wird also vor allem bezahlt, weil Kinder bei der Lohnsteuerbemessung nicht berücksichtigt werden. Es ist in der Sache die Rückzahlung von zu viel und zu Unrecht eingenommener Lohnsteuer. Nur so weit das Kindergeld dafür nicht erforderlich ist, dient es der Förderung der Familie.

Warum bildet der “Horizontale Vergleich” Alleinerziehende nicht ab?
Die wissenschaftliche Studienlage ist eindeutig: Familien mit drei und mehr Kindern und Alleinerziehende haben ein hohes Armutsrisiko. Bei Alleinerziehenden liegt es aber weniger an Steuern und Sozialabgaben, sondern daran, dass sie in der Regel nicht das entsprechende Einkommen erzielen können. Viele werden darüber hinaus beim Unterhalt im Stich gelassen. Das Existenzminum einer Person mit Kind liegt bereits bei 16.428 Euro. Das muss erst einmal verdient sein, um am Ende eine „schwarze Null“ zu erzielen.

Quelle: Der Deutsche Familienverband

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