Rumänische Staatsangehörige, die wegen der von ihnen im Bundesgebiet betriebenen Arbeitssuche von der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II ausgeschlossen sind, können beim zuständigen Sozialhilfeträger entsprechend § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII um die Gewährung von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 27 ff. SGB XII) zur Existenzsicherung nachsuchen.
Der in Bezug auf erwerbsfähige Leistungsberechtigte aus § 21 Satz 1 SGB II hervorgehende Anspruchsausschluss gelangt in dem Fall nicht zur Anwendung, wenn eine Leistungsberechtigung dann nicht besteht, wenn die betr. Antragsteller/innen dem Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II unterfallen.
Diejenigen Anspruchsteller/innen, die von dem auf die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ausgerichteten Leistungssystem des SGB II ausgeschlossen werden, sind dem Leistungsbereich des SGB XII zuzuweisen.
Die aufgrund § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII wegen ihrer Einreise in das Bundesgebiet wegen Arbeitsuche vom Rechtsanspruch auf Sozialhilfe ausgeschlossenen Ausländer/innen können gemäß § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII prinzipiell lediglich noch einen Anspruch auf die Gewährung von Überbrückungsleistungen für Dauer eines Monats geltend machen.
Solange von der Ausländerbehörde die Ausreisepflicht der betr. Antragsteller/innen nicht verfügt worden ist, besteht weiterhin die Vermutung des rechtmäßigen Aufenthalts dieser Personen im Bundesgebiet.
Aus dem SGB XII geht keine Ermächtigungsgrundlage dafür hervor, eine faktische Ausreisepflicht von Ausländer/innen dadurch zu statuieren, indem auf dieser Grundlage statt allgemeine Grundsicherungsleistungen an die in § 23 Abs. 3 SGB XII aufgelisteten Personengruppen nur zeitlich limitierte Überbrückungsleistungen gewährt werden.
Bei einem bereits verfestigten Aufenthalt im Bundesgebiet sind deshalb vom Sozialhilfeträger entsprechend § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII nach pflichtgemäßem Ermessen Leistungen nach den §§ 27 ff. SGB XII zu gewähren.
Quelle: Kommentierung Dr. Hammel zum Sozialgericht Kassel, Beschluss vom 14. Februar 2017 (Az.: S 4 AS 20/17.ER):
Weiterer Fall:
Trotz der Bestimmung des § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB XII, wonach Ausländer/innen, die ins Bundesgebiet eingereist sind, um Sozialhilfe zu erlangen, oder deren Aufenthalt sich einzig aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, sind die Sozialhilfeträger weiterhin zur Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt entsprechend § 23 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit § 23 Abs. 1 Satz 3 SGB XII verpflichtet.
Dies gilt gerade dann, wenn sich das Aufenthaltsrecht der von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossenen nichtdeutschen Person im Bundesgebiet verfestigt hat. Dieser Aufenthaltsverfestigung kann nur ausländerbehördlich entgegen getreten werden.
Die vom Gesetzgeber mit § 23 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 3a SGB XII vorgesehenen Überbrückungsleistungen stellen keinen verfassungsrechtlich gebotenen Ausgleich für den Wegfall der grundsätzlichen Hilfeleistung von einem Tag auf den anderen dar.
Quelle: Anmerkung Dr. Hammel zum Sozialgericht Kassel, Beschluss vom 15. Februar 2017 (Az.: S 11 SO 9/17.ER)