Zu hoch dosiert, zu große Ähnlichkeit mit Süßigkeiten und zu teuer – zu diesen Einschätzungen über Nahrungsergänzungsmittel für Kinder kommt der aktuelle Marktcheck der Verbraucherzentralen. Der aktuelle Marktcheck zeigt: „Die untersuchten Produkte waren meist überdosiert und aufgrund ihrer Form und Verpackung leicht mit Süßigkeiten zu verwechseln. Zudem provozieren die Werbeaussagen falsche Erwartungen an die Gesundheitsleistung der Produkte“, fasst Lebensmittelrechtsexpertin Annett Reinke von der Verbraucherzentrale Brandenburg zusammen.
„Eine übermäßige Nährstoffzufuhr führt jedoch nicht zur Steigerung der Leistungsfähigkeit oder Gehirnfunktion. Vielmehr kann sich eine Überdosierung von Vitamin A und D in Form von Kopfschmerzen, Übelkeit oder Müdigkeit sogar negativ auf die Gesundheit des Kindes auswirken.“
So überschreitet mehr als die Hälfte der 26 untersuchten Produkte die vom Bundesinstitut für Risikobewertung angesetzten Höchstmengen für Vitamine und Mineralstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln oder liegt an deren Grenze. Besonders kritisch: Diese Höchstmengen beziehen sich auf Personen ab 15 Jahren. Die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) ermittelten Referenzwerte für die Zufuhr von Vitaminen und Mineralstoffen bei 4- bis 7-Jährigen wurden sogar von 85 Prozent der Produkte bei mindestens einem Vitamin oder Mineralstoff überschritten. Die Referenzwerte der DGE geben die Höhe der Nährstoffzufuhr – bezogen auf den täglichen Verzehr von Lebensmitteln – an, bei der lebenswichtige körperliche und geistige Funktionen sichergestellt, eine Überversorgung aber verhindert werden soll. „Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass der Gesetzgeber verbindliche Höchstmengen für Nährstoffe in Nahrungsergänzungsmitteln festlegen muss – unter Berücksichtigung der speziellen Bedürfnisse von Kindern. Bis dahin sind aus Sicht der Verbraucherzentralen Nahrungsergänzungsmittel keine ausreichend sichere Produktgruppe“, so die Lebensmittelrechtsexpertin.
Zudem sehen viele Nahrungsergänzungsmittel für Kinder aus wie Fruchtgummis oder süße Drops. Die Verpackungen sind mit Comicfiguren und Zeichnungen so gestaltet, dass gerade Kinder sich angesprochen fühlen. „Sie bergen aber die Gefahr, dass Kinder sie mit Süßigkeiten verwechseln und in größeren Mengen verzehren“, kritisiert die Expertin.
„Die gesundheitsbezogenen Angaben auf den Verpackungen der Nahrungsergänzungsmittel waren zwar überwiegend zulässig, doch provozieren sie bei den Eltern eine falsche Erwartungshaltung“, ergänzt Reinke. Nahrungsergänzungsmittel sind nicht für jeden eine sinnvolle Ergänzung des Speiseplans. Eine Zufuhr über den eigenen Bedarf hinaus geht nicht mit einer zusätzlichen oder verbesserten Wirkung einher. Voraussetzungen für eine gute Entwicklung von Kindern sind eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Schlaf und Bewegung an der frischen Luft – nicht Nahrungsergänzungsmittel.
Die Verbraucherzentralen haben von Dezember 2017 bis Januar 2018 in einer Untersuchung die Zusammensetzung und Werbeaussagen von 26 Nahrungsergänzungsmittel für Kinder getestet. Denn Studien belegen, dass in Deutschland jedes zehnte Kind zwischen zwei und 18 Jahren täglich Nahrungsergänzungsmittel und/oder mit Vitaminen und Mineralstoffen angereicherte Lebensmittel von seinen Eltern bekommt.
Quelle: Presse Verbraucherzentrale Brandenburg e.V.