Streiten die Beteiligten um die Erbfolge bei Höfen im Sinne der Höfeordnung (HöfeO), ist das ein Fall für die Landwirtschaftsgerichte. Die Landwirtschaftsgerichte sind in erster Instanz bei den Amtsgerichten unter dem Vorsitz eines Berufsrichters und mit zwei ehrenamtlichen Richtern angesiedelt. In der Berufungsinstanz wird ein Senat für Landwirtschaftssachen beim Oberlandesgericht, besetzt mit drei Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern, tätig. Die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter sind erfahrene Landwirtinnen und Landwirte, die nach der Benennung durch die Landwirtschaftskammer vom Präsidenten des Oberlandesgerichts berufen werden. Beim Oberlandesgericht Hamm ist der 10. Zivilsenat für die Landwirtschaftssachen zuständig.
Die Entscheidung des 10. Zivilsenats – Senat für Landwirtschaftssachen – des Oberlandesgerichts Hamm vom 05.07.2016:
Verpachtet ein 86-jähriger Erblasser seinen Hof für die Dauer von 10 Jahren an seinen Neffen, kann dieser durch formlos bindende Hoferbenbestimmung zum Hoferben berufen sein. Ein mit Hofvermerk im Grundbuch eingetragener Hof kann auch dann ein Hof im Sinne der HöfeO sein, wenn er nicht mehr rentabel zu bewirtschaften ist. Das folgt auf der Beschlussfassung des 10. Zivilsenats – Senat für Landwirtschaftssachen – des Oberlandesgerichts Hamm vom 05.07.2016, die die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Lennestadt vom 19.11.2015 (11 Lw 11/15 AG Lennestadt) bestätigt.
Zum Fall:
Der im Dezember 2014 im Alter von 88 Jahren verstorbene Erblasser war Eigentümer eines in Kirchhundem gelegenen, im Grundbuch mit Hofvermerk eingetragenen Hofes. Dieser umfasste neben der Hofstelle ca. 8 Hektar Wald und ca. 16 Hektar Grün- und Ackerland. Zum Zeitpunkt des Erbfalls hatte der kinderlose Erblasser drei Brüder und eine Schwester. An den Antragsteller, seinen Neffen, hatte der Erblasser den Hof im Jahre 2013 für die Dauer von 10 Jahren verpachtet. Zu diesem Zeitpunkt waren ca. 8,3 Hektar Grünland und die Milchquote fremdverpachtet. Auf dem Hof wurden noch 10 Rinder zur Fleischproduktion gehalten sowie eine Milchkuh für den Eigenbedarf und die Kälberaufzucht. Die maschinelle Ausrüstung des Hofes bestand aus zwei älteren Traktoren und aus kleineren Maschinen zur Grasernte und Grünlandpflege. Den ihm überlassenen Hof bewirtschaftete der Antragsteller selbständig im Nebenerwerb. Der Antragsteller hat gemeint, dass er nach dem Tod des Erblassers aufgrund der Überlassung des Hofes alleiniger Hoferbe geworden sei und hat die Erteilung eines entsprechenden Hoffolgezeugnisses beantragt. Dem sind zwei der Geschwister des Erblassers entgegengetreten. Sie meinen, der Betrieb habe mangels Rentabilität seine Hofeigenschaft nach der HöfeO verloren, im Übrigen könne der Antragsteller nicht Hoferbe sein, weil er nicht wirtschaftsfähig sei. Die Erbfolge sei vielmehr nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches zu bestimmen.
Das Amtsgericht – Landwirtschaftsgericht ? hat die Voraussetzung für die Erteilung des beantragten Hoffolgezeugnisses für erfüllt angesehen. Der 10. Zivilsenat – Senat für Landwirtschaftssachen – des Oberlandesgerichts Hamm hat diese Entscheidung bestätigt.
Der Antragsteller sei, so der Senat, Hoferbe im Sinne der HöfeO.
Der mit einem Hofvermerk im Grundbuch eingetragene Hof des Erblassers sei beim Erbfall noch ein Hof nach der HöfeO gewesen. Er verfüge über eine Hofstelle und weise auch den nach § 1 der HöfeO vorausgesetzten Wirtschaftswert auf. Dieser habe im Zeitpunkt des Erbfalls über dem gesetzlichen Mindestbetrag von 5.000 Euro gelegen. Zusätzlich sei nicht zu fordern, dass der Betrieb im Zeitpunkt des Erbfalls rentabel zu bewirtschaften gewesen sei. Nach der gesetzlichen Konzeption sei die Leistungsfähigkeit nicht individuell, sondern in typisierender, genereller Weise anhand des Mindestwirtschaftswertes zu beurteilen.
Der Antragsteller sei nach § 6 Abs. 5, Abs. 1 HöfeO zum Hoferben berufen. Als Neffe des Erblassers gehöre er ebenso wie die Schwester und die Brüder des Erblassers zu den gesetzlichen Erben der 4. Ordnung. Sein Vater schließe ihn von der Erfolge nicht aus, weil er die Erbschaft ausgeschlagen habe. Zum Hoferben sei er durch formlos bindende Hoferbenbestimmung berufen worden. Nach der HöfeO werde in erster Linie derjenige Miterbe Hoferbe, dem der Erblasser im Zeitpunkt des Erbfalls die Bewirtschaftung des Hofes auf Dauer übertragen habe. Im vorliegenden Fall treffe das auf den Antragsteller zu. Ihm sei im Jahre 2013 der Hof für 10 Jahre zur Bewirtschaftung verpachtet worden. Seinerzeit sei der Erblasser bereits 86 Jahre alt gewesen und werde angenommen haben, dass die Überlassung des Hofes an den Antragsteller nicht vor seinem Tod enden würde. Vor diesem Hintergrund könne von einer dauerhaften Überlassung der Bewirtschaftung ausgegangen werden. Der Antragsteller sei zudem wirtschaftsfähig. Davon sei der Senat nach den festgestellten Tatsachen überzeugt. Der Antragsteller verfüge über die für die ordnungsgemäße Bewirtschaftung eines Hofes notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten, was er auch dadurch belege, dass er den Betrieb bereits als Pächter erfolgreich führe.
Rechtskräftiger Beschluss des 10. Zivilsenats – Senat für Landwirtschaftssachen – des Oberlandesgerichts Hamm vom 05.07.2016 (10 W 37/16)
Quelle: Presseservice des Justizministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen