Die Länder haben Zweifel, ob die von der Bundesregierung geplante Hartz-IV-Erhöhung den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerecht wird und die neuen Regelsätze tatsächlich zu einer Besserstellung der Leistungsberechtigten führen. Auch im Übrigen fällt die umfangreiche Stellungnahme des Bundesrates vom 4. November 2016 zu dem Regierungsentwurf kritisch aus. Dabei bedauern die Länder, dass sie an dem Gesetzgebungsverfahren zu spät beteiligt und wichtige Forderungen von ihnen nicht berücksichtigt worden sind. Dies solle im weiteren Gesetzgebungsverfahren nachgeholt werden.
Bedarfsgerechte Ermittlung
So müsse unter anderem sichergestellt werden, dass es bei der Ermittlung der Regelbedarfe nicht zu Zirkelschlüssen zu Lasten der sogenannten Aufstocker und verdeckt Armen kommt. Außerdem sollten die Regelbedarfsstufen besser voneinander abgegrenzt werden, um eine Schlechterstellung von Personengruppen zu vermeiden.
Darüber hinaus warnt der Bundesrat, dass die Energiekosten bei der Ermittlung der Regelbedarfe anders berücksichtigt werden müssten, um ihre Deckung zu sichern. Ähnlich fürchtet er, dass auch die Kosten von langlebigen Gebrauchsgütern für den Haushalt nicht gedeckt sind. Weiter appelliert er, bei getrennt lebenden Eltern den Mehrbedarf des zum Umgang mit dem Kind berechtigten Elternteils zu berücksichtigen. Zudem müsse der existenznotwendige Bedarf an Sehhilfen sichergestellt und das Schulbedarfspakt erhöht werden.
Regelbedarfe werden erhöht
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass Menschen, die ihren Lebensunterhalt nicht selbständig bestreiten können, ab Januar 2017 mehr Geld erhalten sollen. Dabei ist vorgesehen, dass die Regelleistungen für Kinder bis zum 13. Lebensjahr am stärksten steigen. Ihnen stehen künftig 21 Euro mehr zu und damit 291 Euro im Monat. Jugendliche ab 14 Jahre bekommen mit 311 Euro fünf Euro mehr als bislang. Der Regelbedarf für alleinstehende Erwachsene steigt von 404 Euro auf 409 Euro pro Monat. Für zwei erwachsene Leistungsempfänger in einer Wohnung soll der Regelsatz um vier Euro auf 368 Euro pro Person und Monat angehoben werden.
Verbesserungen für Menschen mit Behinderung
Der Gesetzentwurf enthält außerdem Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen. Danach erhalten nicht erwerbsfähige oder behinderte erwachsene Sozialhilfeempfänger künftig 100 statt 80 Prozent der Grundsicherung und haben damit einen gesetzlichen Anspruch auf die Regelbedarfsstufe 1. Außerdem sollen sie ihre Kosten für Unterkunft und Heizung leichter geltend machen können, wenn sie beispielsweise im Haushalt der Eltern leben. Menschen mit Behinderungen in gemeinschaftlichen Wohnformen erhalten ab 2020 die Regelbedarfsstufe 2.
Neufestlegung erforderlich
Die Neufestlegung musste erfolgen, da neue Daten des Statistischen Bundesamtes über das Ausgabeverhalten der Haushalte in Deutschland vorliegen. Sie werden alle fünf Jahre erhoben.
Weiteres Verfahren
Die Stellungnahme des Bundesrates geht nun an die Bundesregierung, die sich dazu äußern kann. Anschließend leitet sie beides dem Bundestag zu. Dieser hat bereits am 21. Oktober 2016 in 1. Lesung mit der Beratung des eilbedürftigen Regierungsentwurfs begonnen. Spätestens drei Wochen nach Verabschiedung im Bundestag wird der Bundesrat abschließend über die Zustimmung zu dem Gesetz beraten, das zum 1. Januar 2017 in Kraft treten soll.
Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates am 04.11.2016