Das Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten (PatRVerbG) regelt seit Ende Februar 2013, dass Anträge Berechtigter als genehmigt gelten, über die Krankenkassen nicht zeitgerecht entscheiden.
Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet. Ob dies auch der Fall ist, wenn die Krankenkasse eine als genehmigt geltende Leistung ablehnt und sich der Versicherte die Leistung privat im Ausland besorgt, ist umstritten. Hierüber wird der 1. Senat des Bundessozialgerichts am Dienstag, dem 11. September 2018 ab 13.20 Uhr mündlich verhandeln und entscheiden (Aktenzeichen B 1 KR 1/18 R).
Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger beantragte, ihn nach massiver Gewichtsabnahme mit einer Hautstraffungsoperation an Brust und Bauch zu versorgen. Die Beklagte lehnte dies mehr als fünf Wochen nach Antragseingang ab. Während des Gerichtsverfahrens hat sich der Kläger die Operation privat in einer Klinik in der Türkei für 4200 Euro auf eigene Kosten verschafft. Er ist mit seiner Klage auf Erstattung bei dem Sozial- und dem Landessozialgericht ohne Erfolg geblieben: Der Kläger habe zwar grundsätzlich Anspruch auf Versorgung mit der Operation, da sein Antrag mangels rechtzeitiger Entscheidung der Beklagten als genehmigt gelte. Sein Anspruch habe jedoch während des Aufenthaltes in der Türkei geruht. Dagegen wendet sich die Kläger mit seiner Revision.
Update 11.9.2018:
Versicherte dürfen sich auf Kosten ihrer Krankenkasse eine fiktiv genehmigte Operation in der Türkei privat besorgen
Entscheidet eine Krankenkasse nicht zeitgerecht über einen Antrag auf Hautstraffungsoperation und lehnt sie es ab, dem Leistungsberechtigten die deswegen fiktiv genehmigte Leistung als Naturalleistung zur Verfügung zu stellen, hat sie dem Leistungsberechtigten die hierdurch entstandenen Kosten zu erstatten, auch wenn er sich eine entsprechende Leistung im Ausland selbst beschafft. Dies hat der 1. Senat des Bundessozialgerichts am heutigen Tag entschieden (Aktenzeichen B 1 KR 1/18 R).
Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger beantragte, ihn nach massiver Gewichtsabnahme mit einer Hautstraffungsoperation an Brust und Bauch zu versorgen. Die Beklagte entschied nicht zeitgerecht und verweigerte die Leistung. Der Kläger ließ sich daraufhin privat in einer Klinik in der Türkei operieren und zahlte hierfür 4200 Euro. Das Sozialgericht Gießen hat seine auf Kostenerstattung gerichtete Klage abgewiesen, da der Anspruch des Klägers während des Aufenthaltes in der Türkei geruht habe. Das Hessische Landessozialgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen.
Zu Unrecht, wie nun das Bundessozialgericht entschieden hat: Der Kläger durfte sich die beantragte Operation privatärztlich selbst verschaffen, weil die beklagte Krankenkasse unter Missachtung der fingierten Genehmigung deren Gewährung abgelehnt hatte. Dabei war er weder verpflichtet, sich die genehmigte Leistung lediglich im Inland zu verschaffen noch bei einer Selbstverschaffung im Ausland die Bedingungen einer Auslandsversorgung zu Lasten der GKV einzuhalten. Es fehlt bei einer rechtswidrigen Leistungsablehnung ein innerer Grund, den Kreis der Leistungserbringer entsprechend einzuschränken. Auch im Ausland praktizierende Ärzte unterliegen Sorgfalts- und gegebenenfalls Schadensersatzpflichten. Sie bieten grundsätzlich die Gewähr für eine ordnungsgemäße Leistungserfüllung.
Quelle: Bundessozialgericht