Grundsätzlich keine Sozialhilfe für erwerbsfähige Unionsbürger

23. Februar 2016

Erwerbsfähige Unionsbürger, die aufgrund eines gesetzlichen Ausschlusses keine Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Hartz IV) erhalten können, weil sich ihr Aufenthaltsrecht allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder sie kein Aufenthaltsrecht mehr haben, sind nach einer rechtskräftigen Entscheidung des 3. Senats des Landessozialgerichts im einstweiligen Rechtsschutz grundsätzlich auch dann vom Bezug von Sozialhilfe ausgeschlossen, wenn sie sich bereits sechs Monate im Bundesgebiet aufgehalten haben.

Damit weicht der Senat von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ab, wonach bei einem Aufenthalt von EU-Bürgern im Bundesgebiet von mindestens sechs Monaten Sozialhilfe geleistet werden muss, weil das vom Gesetz vorgesehene Ermessen der Sozialhilfeträger zur Leistung in diesen Fällen auf Null reduziert sei. Angesichts des gesetzlich ausdrücklich geregelten Leistungsausschlusses für Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt, dem Sinn und Zweck dieser Regelung, einer „Einwanderung in die Sozialsysteme“ unter Ausnutzung der Möglichkeiten, die die Freizügigkeit für EU-Bürger innerhalb des EU-Binnenmarktes bietet, entgegenzuwirken und der sich aus den Gesetzesmaterialien klar ergebenden Zielsetzung des Gesetzgebers, einen solchen Leistungsausschluss sicherzustellen, könne den Ermessensleistungen, sofern man sie überhaupt für anwendbar halte, in diesem Zusammenhang allenfalls ein Ausnahmecharakter beigemessen werden. Daher bedürfe es im Einzelfall besonderer Umstände, um von dem grundsätzlich geltenden Leistungsausschluss abzuweichen. Eine Leistungsgewährung an diesen Personenkreis sei im Übrigen weder europarechtlich geboten, noch ergebe sich eine entsprechende Pflicht aus dem deutschen Grundgesetz. Denn der dem Grundgesetz verpflichtete Gesetzgeber habe keine verfassungsrechtliche Pflicht über die gesetzlichen Regelungen hinaus jedem Menschen, der sich – aus welchen Gründen auch immer, also legal oder illegal – in der Bundesrepublik Deutschland aufhält, voraussetzungslose Sozialleistungen zu gewähren und die drei heutigen Existenzsicherungssysteme, deren verfassungsrechtlicher Kern das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ist, um eine weitere Regelung zu ergänzen.

Quelle: Landessozialgericht Rheinland-Pfalz – Beschluss vom 11.02.2016, Aktenzeichen L 3 AS 668/15 B ER

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