Verbraucherzentrale Bremen zur BGH-Entscheidung in Sachen X ZR 111/17 (Ansprüche eines Fluggasts nach Annullierung eines Fluges wegen Streiks der Mitarbeiter der Passagierkontrollen). Streicht eine Airline einen Flug, dann haben Passagiere ein Recht auf eine Ausgleichszahlung. Das sieht Artikel 7 der EU-Fluggastrechte-Verordnung vor.
Das gilt allerdings nicht bei “außergewöhnlichen Umständen”, die die Fluggesellschaft nicht mit zumutbaren Maßnahmen vermeiden konnte. Der Bundesgerichtshof hat 2012 entschieden: Wenn der Flugplan wegen eines Streiks nicht wie geplant durchgeführt werden kann, dann sei das ein “außergewöhnlicher Umstand”. Heute hat der BGH in Sachen X ZR 111/17 (Ansprüche eines Fluggasts nach Annullierung eines Fluges wegen Streiks der Mitarbeiter der Passagierkontrollen) zugunsten von Verbrauchern entschieden. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass den Passagieren eines annullierten Flugs auch dann ein Anspruch auf Ausgleichszahlung zustehen kann, wenn die Passagierkontrollen am Startflughafen bestreikt wurden und deshalb nicht gewährleistet war, dass alle Passagiere den Flug erreichen konnten.
„Ein Sieg für die Verbraucher,“ sagt, Dr. Annabel Oelmann, Vorständin Verbraucherzentrale Bremen. „Das Urteil war überfällig und ist ein großer Erfolg. Eine Airline musste bislang in der Regel, beispielsweise bei einem Streik, keine Entschädigungsansprüche zahlen, da diese als außergewöhnliche Umstände galten. Die Ersatzpflicht hing bisher von einem Verschulden der Fluggesellschaft ab. So war letztlich jede Flugbuchung ein unkalkulierbares Risiko,“ ergänzt Oelmann. „Jetzt können Passagiere, deren Flug wegen Streiks an den Sicherheitskontrollen ausfällt, eine Entschädigung von der Airline fordern. Laut BGH kann ein Luftverkehrsunternehmen ohne tatsächliche Anhaltspunkte für ein konkretes Sicherheitsrisiko die Annullierung eines Flugs nicht mit Sicherheitsbedenken rechtfertigen und muss eine Entschädigung leisten.“
Sachverhalt: Die Beklagte (Airline) annullierte einen Flug, weil an jenem Tag die Passagierkontrollen am Hamburger Flughafen bestreikt wurden. Der Kläger verlangt von der Beklagten aus eigenem und abgetretenem Recht seiner Ehefrau Ausgleichszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung und Ersatz für Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Ersatzflug.
Bisheriger Prozessverlauf: Amtsgericht wies die Klage ab. Das Berufungsgericht hat die Berufung mit der Begründung zurückgewiesen, die Beklagte schulde keine Ausgleichszahlung, weil die Annullierung auf außergewöhnliche Umstände zurückgehe. Von den Störungen durch den Streik seien auch zahlreiche Fluggäste der Beklagten betroffen gewesen. Infolge des Streiks habe zudem ein Sicherheitsrisiko bestanden. Der wachsende Druck auf die geöffneten Kontrollpunkte habe die ernsthafte Gefahr begründet, dass die Kontrollen nicht mit der gewöhnlichen Sorgfalt durchgeführt würden. Ein Anspruch auf Ersatz entstandener Mehrkosten bestehe jedenfalls mangels Verschuldens der Beklagten nicht. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger das Klagebegehren weiter.
Quelle: Verbraucherzentrale Bremen e.V.