Flammkuchen und Nachos in Rauchergaststätte unzulässig
Die Stadt Landau hat der Betreiberin einer sog. Rauchergaststätte in der Innenstadt von Landau zu Recht aufgegeben, die Gaststätte künftig als Nichtrauchergaststätte zu führen, weil sie nicht nur einfach zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle anbietet. Das hat die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße mit Beschluss vom 11. April 2017 entschieden.
Die Antragstellerin betreibt in der Innenstadt von Landau eine sog. Rauchergaststätte. Die Gaststätte besteht aus einem Hauptschankraum im Erdgeschoss (ca. 50 qm) mit 40 Sitzplätzen. Daneben verfügt die Antragstellerin über 80 Sitzplätze im Freien auf einer Fläche von rund 100 m². In ihrer Gaststätte bietet die Antragstellerin neben Getränken u.a. folgende Speisen an: Kuchen, Baguettes, Nachos, Flammkuchen, gebackenen Schafskäse, Apfelstrudel, wobei Schafskäse und Apfelstrudel laut Speisekarte nur im Rahmen der Außenbewirtung erhältlich sind.
Bereits im Jahre 2010 – zu diesem Zeitpunkt entsprach das Speisenangebot der Antragstellerin bereits weitgehend dem heutigen Angebot – ordnete die Stadt Landau (im Folgenden: Antragsgegnerin) an, dass die Gaststätte der Antragstellerin als Nichtrauchergaststätte zu führen ist. Auf den Widerspruch der Antragstellerin hob die Antragsgegnerin den Bescheid wieder auf. In den Folgejahren nahm die Antragsgegnerin gelegentlich Kontrollen in der Gaststätte der Antragstellerin vor und beanstandete, dass nicht nur einfach zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle angeboten würden. Mit Bescheid vom 27. März 2017 gab die Antragsgegnerin der Antragstellerin dann unter Anordnung der sofortigen Vollziehung auf, den Hauptschankraum der Gaststätte ab sofort rauchfrei zu führen und dafür Sorge zu tragen, dass das gesetzliche Rauchverbot in der Gaststätte eingehalten wird. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, bei den angebotenen Speisen handele es sich nicht mehr um einfach zubereitete Speisen im Sinne des § 7 des Nichtraucherschutzgesetzes (NRSG).
Dagegen legte die Antragstellerin Widerspruch ein und stellte zugleich einen Antrag auf gerichtlichen vorläufigen Rechtsschutz. Zur Begründung führte sie aus, sie biete nur kleine Speisen als Nebenleistung in ihrer hauptsächlich durch den Getränkeausschank geprägten Gaststätte an. Die Anordnung des Sofortvollzuges sei willkürlich und nicht geboten. Die Antragsgegnerin habe den Betrieb der Gaststätte bewusst fast sieben Jahre lang geduldet, ohne dass das Speisenangebot der Antragstellerin beanstandet worden wäre. Sie hätte sich deshalb darauf verlassen, dass sie sich in einem rechtlich einwandfreien Rahmen bewegt habe.
Die 4. Kammer hat den Antrag weitgehend abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Die an die Antragstellerin gerichtete Aufforderung, dafür Sorge zu tragen, dass das gesetzliche Rauchverbot in der Gaststätte eingehalten wird, sei rechtmäßig. Denn die Antragstellerin erlaube in ihrer Gaststätte das Rauchen, obwohl sie die Voraussetzungen für eine Raucherlaubnis nicht erfülle. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 NRSG seien Gaststätten rauchfrei. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sehe § 7 Abs. 2 Satz 1 NRSG für Gaststätten mit nur einem Gastraum und einer Grundfläche von weniger als 75 m² vor. Der Betreiber einer solchen Gaststätte könne das Rauchen erlauben. Voraussetzung für eine Raucherlaubnis sei u.a., dass in der Gaststätte keine oder nur einfach zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle als untergeordnete Nebenleistung verabreicht würden. Die Antragstellerin biete in ihrer Gaststätte aber nicht nur einfach zubereitete Speisen als untergeordnete Nebenleistung an. „Einfache Speisen“ im Sinne des Nichtraucherschutzgesetzes seien lediglich kleine Speisen, die – als untergeordnete Nebenleistung – für den Bereich der getränkegeprägten Kleingastronomie typisch seien und überwiegend „aus der Hand“ gegessen werden könnten. Das Verabreichen von Speisen dürfe nicht prägend für den Gaststättenbetrieb sein. Würden Speisen etwa auf Speisekarten aufgeführt, könne man nicht mehr von einer untergeordneten Nebenleistung sprechen. Hiernach erfülle das Speisenangebot in der Gaststätte der Antragstellerin, wie es der Getränke- und Speisekarte entnommen werden könne, nicht die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 NRSG für eine Raucherlaubnis. So zählten mehrere der angebotenen Speisen zu den in der Gesetzesbegründung angeführten Beispielen für nicht einfach zubereitete Speisen, nämlich Kuchen und Speiseeis. Um keine „einfache Speisen“ handele es sich auch bei den angebotenen „Nachos“ und beim Flammkuchen. Die Speisen würden auch nicht als untergeordnete Nebenleistung verabreicht. Bereits der Umstand, dass die Antragstellerin über eine Speisekarte verfüge, spreche durchgreifend gegen die Annahme, ihr Lokal würde in erster Linie zum Genuss von Getränken aufgesucht und Speisen spielten nur eine untergeordnete Rolle.
Der offensichtlichen Rechtmäßigkeit der Aufforderung an die Antragstellerin, ihre Gaststatte rauchfrei zu führen sowie dafür Sorge zu tragen, dass das gesetzliche Rauchverbot in der Gaststätte eingehalten werde, stehe auch nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin im Juli 2010 bereits eine vergleichbare Ordnungsverfügung erlassen, anschließend aber aufgehoben und trotz weiterer Kontrollen und einer Anhörung im Jahre 2012 aus welchen Gründen auch immer über sechseinhalb Jahre nicht tätig geworden sei. Die Antragstellerin könne daraus insbesondere keinen Vertrauensschutz herleiten. Auch ein jahrelanges Untätigbleiben hindere eine Behörde nicht daran, Maßnahmen zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen zu ergreifen. Denn polizeiliche bzw. ordnungsrechtliche Eingriffsbefugnisse auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr könnten nicht verwirkt werden.
Gegen den Beschluss ist das Rechtsmittel der Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz zulässig.
Quelle: Presse Verwaltungsgericht Neustadt, Beschluss vom 11. April 2017 – 4 L 394/17.NW –
Anmerkung Sozialticker – 🙂 🙂 🙂 🙂 … o.w.T. – nur so ist Deutschlands Justiz live zu erleben und dabei hatten wir den 1. April schon verlassen.