Entwurf für Musterfeststellungsklage

18. April 2019

Die Bundesregierung hat den lang erwarteten Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vorgelegt (19/2439). Mit diesem Rechtsschutzinstrument für durch unrechtmäßige Verhaltensweisen von Anbietern gleichartig geschädigte Verbraucher sollen eingetragene Verbraucherverbände die Möglichkeit erhalten, zugunsten von mindestens zehn Verbrauchern das Vorliegen oder Nichtvorliegen zentraler anspruchsbegründender beziehungsweise anspruchsausschließender Voraussetzungen feststellen zu lassen, heißt es in dem Entwurf.

Angesichts des erforderlichen hohen Aufwands im Einzelfall sähen Betroffene oft von einer Klage ab, und der unrechtmäßig erlangte Gewinn verbleibe bei dem Anbieter. Das Gesetz soll am 1. November dieses Jahres in Kraft treten und war vor allem vor dem Hintergrund des Dieselabgasskandals gefordert worden.

Nach dem Entwurf soll die Musterfeststellungsklage ausschließlich zwischen dem klagenden Verbraucherschutzverband und der beklagten Partei geführt werden. Die betroffenen Verbraucher sollen jedoch die Möglichkeit erhalten, ihre Ansprüche gegen die beklagte Partei mit verjährungshemmender Wirkung und ohne Anwaltszwang zu einem Klageregister anzumelden. Außerdem soll das Musterfeststellungsurteil Bindungswirkung für nachfolgende Klagen der Verbraucher entfalten. Damit steige die Wahrscheinlichkeit einer einvernehmlichen Regelung aufgrund einer erfolgreichen Musterentscheidung, insbesondere als Grundlage für Einigungen der Parteien im Rahmen der außergerichtlichen Streitschlichtung.

Der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz hat beschlossen, am 11. Juni 2018 eine Sachverständigenanhörung zu dem Gesetzentwurf unter Einbeziehung des Gesetzentwurfes von Bündnis 90/Die Grünen für eine Gruppenklage (19/243) durchzuführen.

Quelle: Deutscher Bundestag – HIB

Update: 08.06.2018 – Musterfeststellungsklage rasch umsetzen

Der Bundesrat spricht sich dafür aus, das Gesetzgebungsverfahren zur geplanten Musterfeststellungsklage zügig zu betreiben, damit auch die Betroffenen der VW-Abgas-Affäre davon profitieren. In seiner Stellungnahme vom 8. Juni 2018 schlägt er einige Änderungen vor, um das Verfahren insgesamt zu verbessern.

Für eine effiziente Rechtsdurchsetzung
So regt er die erstinstanzliche Zuständigkeit der Oberlandesgerichte und damit einen zweizügigen Rechtszug für eine effiziente Rechtsdurchsetzung an. Der Regierungsentwurf geht mit der sukzessiven Zuständigkeit von Landgericht, Oberlandesgericht und BGH derzeit von einem dreizügigen Rechtszug aus. Außerdem schlägt er eine Regelung vor, die es auch geschäftsunfähigen und beschränkt geschäftsfähigen Verbrauchern ermöglicht, an dem Musterfeststellungsklageverfahren teilzunehmen.

Vermeidung von Rechtsunsicherheiten
Mit einer eindeutigen Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit der Gerichte möchten die Länder Rechtsunsicherheiten und „forum shopping“ vermeiden. Darüber hinaus warnen sie davor, dass die bislang vorgesehenen Klagevoraussetzungen nicht zu einer Verengung des Anwendungsbereichs der Musterfeststellungsklage führen dürfen und fordern, dass es Verbrauchern möglich sein soll, im Falle eines geänderten Feststellungszieles ihre Klage zurückzunehmen.

Neues Klagerecht für Verbraucher
Die geplante Musterfeststellungsklage ermöglicht es Verbrauchern in Deutschland erstmals, gemeinsam vor Gericht aufzutreten. Sie soll ihnen helfen, leichter gegen Unternehmen vorzugehen, wenn sie ungerechtfertigt benachteiligt wurden. Zum Beispiel durch unwirksame Strompreiserhöhungen, unzulässige Bankgebühren oder unwirksame Massenkündigungen von Bausparverträgen. Das neue Klagerecht ermöglicht den Parteien einen Vergleich, der den Verbrauchern eine gewisse Summe als Entschädigung zuspricht. Wenn kein Vergleich ergeht, erlässt das Gericht ein Feststellungsurteil, in dem es das Bestehen oder das Nichtbestehen der geltend gemachten Ansprüche erklärt. Ein Zahlungstitel geht damit noch nicht einher.

Die Voraussetzungen
Die gerichtlichen Auseinandersetzungen sollen Verbraucherschutzverbände übernehmen, wobei nur anerkannte und besonders qualifizierte Verbände zugelassen werden. Sie müssen unter anderem mindestens 350 Mitglieder haben. Um eine Musterfeststellungsklage erheben zu können, müssen laut Gesetzentwurf mindestens 10 Verbraucher ihre Betroffenheit glaubhaft machen und sich binnen zwei Monaten insgesamt 50 Betroffene in einem Klageregister anmelden.

Beratungen im Bundestag
Die Stellungnahme des Bundesrates geht nun zunächst an die Bundesregierung. Zusammen mit ihrer Gegenäußerung reicht sie diese an den Bundestag weiter, der seine Beratungen bereits aufgenommen hat.

Quelle: Plenarsitzung des Bundesrates am 08.06.2018

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