Hamm/Berlin (DAV). In Deutschland besteht der Anspruch auf eine „Abendgabe“ bei einer nach islamischem Recht geschlossenen Ehe auch dann, wenn die Ehefrau die Scheidung beantragt. Es gilt deutsches Recht, sofern die Frau in Deutschland lebt. Nach islamischem Recht besteht der Anspruch auf die Abendgabe nur bei einer Scheidung auf Betreiben des Mannes. Die Arbeitsgemeinschaft Familienrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 22. April 2016 (AZ: 3 UF 262/15).
Der Mann ist deutscher Staatsbürger libanesischer Abstammung. Er lebte seit den 1980er Jahren in Deutschland. 2005 heiratete er eine seinerzeit im Libanon lebende Libanesin. Im Libanon heirateten sie nach muslimisch-sunnitischem Recht und schlossen einen dementsprechenden Ehevertrag. Das Brautgeld, das der Ehemann zu leisten hat, sollte aus einer „Morgengabe“ bestehen, bestehend aus einer Abschrift des heiligen Korans und einer englischen Goldlira, sowie einer Abendgabe von 15.000 Dollar (13.260 Euro).
Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. Das Ehepaar lebte sowohl während der Ehe als auch nach der Trennung in Deutschland. Die Frau beantragte die Scheidung und die Zahlung der Abendgabe.
Mit Erfolg. Die Ehe wurde geschieden und der Mann dazu verurteilt, das Geld an die Frau zu zahlen. Ein deutsches Gericht sei zuständig und deutsches Recht anzuwenden, da Mann und Frau in Deutschland lebten. Die Abendgabe stehe der Frau zu. Das Brautgeld sei wirksam vereinbart worden. Da es sich bei der Abendgabe um eine Absicherung handele, sei diese mit den deutschen Unterhaltspflichten vergleichbar. Nach dem deutschen Recht werde nachehelicher Unterhalt unabhängig vom Trennungsgrund und auch verschuldensunabhängig gewährt. Daher müsse der Mann auch in diesem Fall das Geld bezahlen. Und zwar unabhängig davon, dass nach islamischem Recht diese Abendgabe der Frau nur bei einer durch den Mann bewirkten Trennung zustehe.
Information: www.dav-familienrecht.de
Quelle: Deutscher Anwaltverein