Unternehmen aus der Europäischen Union haben grundsätzlich keinen Anspruch auf den Abschluss von Ausnahmevereinbarungen, durch welche die sozialrechtlichen Bestimmungen am Sitz des Unternehmens auch dann für dessen Beschäftigte gelten, die über Jahre hinweg in Deutschland tätig sind. Die Ablehnung einer Vereinbarung ist allerdings gerichtlich überprüfbar. Dies hat der 12. Senat des Bundessozialgerichts in einem heutigen Urteil entschieden (Aktenzeichen B 12 KR 19/16 R).
Das klagende polnische Unternehmen setzte unter anderem in den Jahren 2005/2006 Arbeitnehmer jahrelang in Deutschland ein. Bei der zuständigen polnischen Stelle (ZUS) beantragte es mit dem Ziel der Geltung polnischen Rechts eine rückwirkende Ausnahmevereinbarung zwischen der ZUS und der beklagten Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA).
Das Bundessozialgericht hat die Klage gegen die Ablehnung der Vereinbarung durch die DVKA abgewiesen. Zwar müsse die Ablehnung einer Ausnahmevereinbarung wegen des verfassungsrechtlichen Gebots effektiven Rechtsschutzes gerichtlich überprüfbar sein. Ein überragendes Arbeitnehmerinteresse, das die Verurteilung der DVKA zum Abschluss der begehrten Vereinbarung möglicherweise rechtfertigen könnte, habe aber nicht vorgelegen. Auch habe die der Vermeidung von Briefkastenfirmen dienende Forderung nach einem Schwerpunkt (mehr als 25%) der Tätigkeit eines Unternehmens an dessen Sitz in einem anderen Staat der Europäischen Union einer ständigen Verwaltungspraxis entsprochen.
Das Interesse, sich als ausländisches Unternehmen im Zielstaat (hier: Deutschland) durch die Fortgeltung ausländischen Rechts mittels niedrigerer Sozialabgaben einen Wettbewerbsvorteil gegenüber im Zielstaat ansässigen und dem dortigen System der sozialen Sicherheit unterstellten Unternehmen zu verschaffen, rechtfertige nicht die Annahme eines Anspruchs auf eine Ausnahmevereinbarung. Gleiches gelte hinsichtlich der Bearbeitungsdauer und der zum Gegenstand der Preiskalkulation gemachten Hoffnung des klagenden Unternehmens, eine Vereinbarung würde zustande kommen.
Quelle: Bundessozialgericht